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KARL MARX: DAS KAPITAL – KURZFASSUNG VON OTTO RÜHLE (IV)


Content:

Inhaltsverzeichnis
I. Ware und Geld
II. Die Verwandlung von Geld in Kapital
III. Die Produktion des absoluten Mehrwertes

10. Begriff des relativen Mehrwertes

11. Kooperation

12. Teilung der Arbeit und der Manufaktur

a) Doppelter Ursprung der Manufaktur
b) Der Teilarbeiter und sein Werkzeug
c) Die beiden Grundformen der Manufaktur
d) Der kapitalistische Charakter der Manufaktur

13. Maschinerie und moderne Industrie

a) Entwicklung der Maschinerie
b) Wertabgabe der Maschine an das Produkt
c) Wirkungen des maschinenmässigen Betriebes auf den Arbeiter

Frauen- und Kinderarbeit
Verlängerung des Arbeitstages
Intensivierung der Arbeit
Die Fabrik

d) Kampf zwischen Arbeiter und Maschine
e) Verdrängung und Anziehung von Arbeitern durch den Maschinenbetrieb
f) Revolutionierung von Handwerk und Heimarbeit durch die moderne Industrie
g) Fabrikgesetzgebung
h) Moderne Industrie und Landwirtschaft

V. Die Produktion des absoluten und des relativen Mehrwertes
VI. Der Arbeitslohn
VII. Der Akkumulationsprozess des Kapitals

Fremdwörtererklärung und Anhang
Source


Der Produktionsprozess des Kapitals

IV. Die Produktion des relativen Mehrwertes

10. Begriff des relativen Mehrwertes

Bisher haben wir bei der Behandlung des Mehrwertes, der sich aus der einfachen Verlängerung des Arbeitstages ergibt, eine gegebene und unveränderliche Produktionsweise unterstellt. Wenn aber Mehrwert durch Umwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit produziert werden soll, genügt es keineswegs, dass das Kapital den Arbeitsprozess in der historisch überlieferten Form übernimmt und dann einfach seine Dauer verlängert. Es muss die technischen und sozialen Bedingungen des Arbeitsprozesses, die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhen. Nur durch die Erhöhung der Produktivkraft kann der Wert der Arbeitskraft zum Sinken gebracht und der Teil des Arbeitstages, der für die Reproduktion dieses Wertes notwendig ist, gekürzt werden.

Den durch Verlängerung des Arbeitstages produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert. Den Mehrwert dagegen, der durch Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechenden Veränderung im Grössenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstages entspringt, nenne ich relativen Mehrwert.

In der kapitalistischen Produktion stellt die Verkürzung des Arbeitstages keineswegs das Ziel dar, wenn durch Erhöhung der Produktivität Arbeit gespart wird. Es wird lediglich auf eine Verkürzung der Arbeitszeit hingezielt, die zur Produktion einer bestimmten Warenmenge erforderlich ist.

Der Kapitalist, der die verbesserte Produktionsmethode anwendet, eignet sich einen grösseren Teil des Arbeitstages für die Mehrarbeit an als die übrigen Kapitalisten in demselben Geschäft. Andererseits verschwindet. aber dieser Extramehrwert, sobald die neue Produktionsmethode sich verallgemeinert und infolgedessen die Differenz zwischen dem individuellen Wert der verbilligten Ware und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.

Dasselbe Gesetz der Wertbestimmung durch die Arbeitszeit, das dem Kapitalisten, der die neue Produktionsmethode anwendet, in der Form fühlbar wird, dass er seine Waren unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen kann, treibt als Zwangsgesetz der Konkurrenz seine Konkurrenten zur Einführung der neuen Methode.

Um ein Sinken des Wertes der Arbeitskraft zu bewirken, muss eine Erhöhung der Produktivität der Arbeit in den Industriezweigen erfolgen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also zur Klasse der. gewohnheitsmässigen Lebensmittel gehören oder diese ersetzen können. Der Wert der Waren steht im umgekehrten Verhältnis zur Produktivität der Arbeit. Ebenso der Wert der Arbeitskraft, weil er von den Waren abhängt. Dagegen ist der relative Mehrwert direkt proportional der Produktivität der Arbeit, steigt und fällt mit ihr. Eine verbilligte Ware verursacht natürlich nur ein pro tanto Sinken des Wertes der Arbeitskraft, ein Sinken, das dem Ausmass der Anwendung dieser Ware in der Reproduktion der Arbeitskraft proportional ist.

11. Kooperation

Das Zusammenarbeiten einer grösseren Anzahl Arbeiter zur selben Zeit, an demselben Ort (oder, wenn man will, auf demselben Arbeitsgebiet), zur Produktion derselben Warensorte, unter dem Kommando desselben Kapitalisten, bildet historisch und begrifflich den Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktion.

Arbeiten zahlreiche Arbeiter in demselben oder in verschiedenen aber zusammenhängenden Arbeitsprozessen Seite an Seite, so sagt man von ihnen, sie kooperieren oder sie arbeiten in Kooperation.

In jeder Industrie weicht der individuelle Arbeiter vom Durchschnittsarbeiter ab. Diese individuellen Abweichungen oder »Fehler«, wie sie in der Mathematik auch genannt werden, heben sich gegenseitig auf und verschwinden, wenn man eine grössere Anzahl Arbeiter zusammen beschäftigt.

Selbst bei gleichbleibender Arbeitsweise bewirkt die gleichzeitige Beschäftigung einer grossen Anzahl Arbeiter eine Revolution in den materiellen Bedingungen des Arbeitsprozesses (verglichen mit der Arbeit in der Werkstatt des Handwerkers). Baulichkeiten, in denen sie arbeiten, Lager für Rohmaterial, Geräte, die gleichzeitig oder nacheinander von den Arbeitern gebraucht werden, kurz, ein Teil der Produktionsmittel wird jetzt gemeinsam im Arbeitsprozess konsumiert. Einerseits wird der Tauschwert dieser Produktionsmittel nicht erhöht; denn der Tauschwert einer Ware steigt nicht, wenn ihr Gebrauchswert gründlicher und mit grösserem Vorteil konsumiert wird. Andererseits werden sie gemeinsam und daher in grösserem Umfange benutzt als vorher. Ein Raum, in dem 20 Weber mit ihren 20 Webstühlen arbeiten, muss grösser sein als der Raum eines unabhängigen Webers mit zwei Gesellen. Aber die Herstellung einer Werkstatt für 20 Personen kostet weniger Arbeit als die von 10 Werkstätten für je 2 Personen; so wächst der Wert der zum gemeinsamen Gebrauch in grösserem Umfang konzentrierten Produktionsmittel nicht in direktem Verhältnis zu ihrem Umfang und ihrem vergrösserten Nutzeffekt. Gemeinsam konsumiert, geben sie an jedes einzelne Produkt einen kleineren Teil ihres Wertes ab, weil der Gesamtwert sich auf eine grössere Masse von Produkten verteilt. Hierdurch sinkt ein Wertbestandteil des konstanten Kapitals, also proportional zu seiner Grösse auch der Gesamtwert der Ware. Die Wirkung ist dieselbe, als ob die Produktionsmittel billiger hergestellt würden.

Gerade so wie die Angriffskraft einer Schwadron Kavallerie oder die Verteidigungskraft eines Infanterieregimentes sich wesentlich von der Summe der Angriffs- oder Verteidigungskräfte der einzelnen Kavallerie- oder Infanteriesoldaten unterscheidet, so unterscheidet sich die Gesamtsumme der mechanischen Kräfte, die von einzelnen Arbeitern ausgeübt wird, von der gesellschaftlichen Kraft, wenn viele Hände gleichzeitig an derselben ungeteilten Operation zusammenwirken. Es handelt sich hier nicht nur um eine Erhöhung der Produktivkraft des einzelnen vermittels der Kooperation, sondern um die Schöpfung einer neuen Kraft, nämlich der Kollektivkraft.

Neben der neuen Kraft, die aus der Fusion vieler Kräfte in eine einzige entsteht, erzeugt der blosse gesellschaftliche Kontakt in den meisten Industrien einen Wetteifer und einen Antrieb der Lebensgeister, die die Wirksamkeit jedes einzelnen Arbeiters erhöhen. Daher werden ein Dutzend zusammenarbeitende Personen in ihrem Kollektivarbeitstag von 144 Stunden weit mehr produzieren als 12 vereinzelte Arbeiter, von denen jeder 12 Stunden arbeitet, oder mehr als ein Mann, der 12 Tage hintereinander arbeitet. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Mensch, wenn nicht, wie Aristoteles behauptet, ein politisches, so doch auf alle Fälle ein geselliges Tier ist.

Obgleich eine Anzahl Arbeiter gleichzeitig bei der gleichen Art Arbeit beschäftigt sein kann, kann doch die Arbeit jedes einzelnen, als Teil der Kollektivarbeit einer bestimmten Phase des Arbeitsprozesses entsprechen, die der Gegenstand ihrer Arbeit durchläuft, und infolge der Kooperation rascher durchläuft.

Wenn zum Beispiel Maurer eine Reihe bilden, um Steine vom Fusse eines Gestells zu seiner Spitze zu bringen, so tut jeder dasselbe, trotzdem bilden ihre einzelnen Tätigkeiten einen Teil der Gesamtoperation; sie bilden besondere Phasen, die jeder Stein durchlaufen muss; und so werden die Steine durch die 24 Hände der Reihe schneller hinaufgetragen, als wenn jeder einzelne Mann mit seiner Last getrennt die Leiter hinauf- und herabsteigen würde. Der gleiche Gegenstand wird in kürzerer Zeit über die gleiche Entfernung getragen. Noch einmal, eine Arbeitsverbindung findet statt, sobald z. B. ein Gebäude von verschiedenen Seiten gleichzeitig in die Hand genommen wird; auch hier verrichten die Maurer die gleiche Art Arbeit.

Bei komplizierter Arbeit erlaubt die blosse Zahl zusammenarbeitender Menschen, dass die verschiedenen Operationen auf verschiedene Leute verteilt und infolgedessen gleichzeitig ausgeführt werden können. Die zur Herstellung des Gesamtprodukts nötige Arbeitszeit wird hierdurch verkürzt.

Einerseits erlaubt die Kooperation, dass die Arbeit über einen ausgedehnten Raum hinweg ausgeführt werden kann; sie wird daher für gewisse Arbeitsprozesse unentbehrlich. Andererseits ermöglicht sie räumlich eine Verkleinerung des Arbeitsfeldes durch das Zusammenrücken verschiedener Arbeitsprozesse und die Konzentration der Produktionsmittel, wodurch eine Anzahl nutzloser Ausgaben beseitigt werden.

Verglichen mit einer gleich grossen Summe vereinzelter individueller Arbeitstage produziert der kombinierte Arbeitstag mehr Gebrauchswert und vermindert die zur Herstellung eines Gegenstandes notwendige Arbeitszeit. Ob im gegebenen Fall die gesteigerte Produktivkraft erzielt wird, weil verschiedene Operationen gleichzeitig verrichtet werden oder weil die Produktionsmittel durch ihren gemeinschaftlichen Gebrauch ökonomisiert werden oder aus einem anderen Grunde, unter allen Umständen ist die spezifische Produktivkraft des kombinierten Arbeitstages gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit oder Produktivkraft gesellschaftlicher Arbeit. Sie entspringt aus der Kooperation selbst. Im planmässigen Zusammenwirken mit anderen streift der Arbeiter seine individuellen Schranken ab und entwickelt sein Gattungsvermögen.

Die Anzahl der kooperierenden Arbeiter, oder die Stufenleiter der Kooperation, hängt zunächst ab von der Grösse des Kapitals, das der einzelne Kapitalist im Ankauf von Arbeitskraft auslegen kann.

Und wie mit dem variablen, so verhält es sich mit dem konstanten Kapital. Konzentration grosser Massen von Produktionsmitteln in der Hang einzelner Kapitalisten ist also materielle Bedingung für die Kooperation der Lohnarbeiter, und das Ausmass der Kooperation oder die Stufenleiter der Produktion hängt von dem Umfang dieser Konzentration ab.

Der Befehl des Kapitalisten auf dem Produktionsfeld wird jetzt so unentbehrlich wie der Befehl des Generals auf dem Schlachtfeld. Alle gemeinschaftliche Arbeit auf grösserem Massstab bedarf mehr oder weniger einer Leitung, welche die Harmonie der individuellen Tätigkeiten sichern und die allgemeinen Funktionen vollzieht, die aus der Tätigkeit des kombinierten Organismus im Unterschied zur Tätigkeit seiner einzelnen Organe entspringen. Ein einzelner Violinspieler ist sein eigener Dirigent, ein Orchester bedarf eines besonderen Dirigenten. Diese Funktion der Leitung, der Überwachung und der Vermittlung wird zur Funktion des Kapitals, sobald die unter seiner Kontrolle stehende Arbeit kooperativ wird. Als Funktion des Kapitals erhält die Funktion der Leitung besonderer Charaktermale.

Der Zusammenhang ihrer verschiedenen Arbeiten erscheint den Arbeitern ideell als vorgefasster Plan des Kapitalisten und praktisch als Autorität des Kapitalisten, als Macht eines fremden Willens, der ihre Tätigkeit seinem Zweck unterwirft.

Mit der Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter wächst auch ihr Widerstand gegen die Herrschaft des Kapitals und hiermit die Notwendigkeit für das Kapital, diesen Widerstand durch Gegendruck zu überwinden. Die Leitung des Kapitalisten ist nicht nur eine aus der Natur des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses entspringende und ihm angehörige besondere Funktion, sondern gleichzeitig eine Funktion der Ausbeutung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses und daher bedingt durch den unvermeidlichen Gegensatz zwischen dem Ausbeuter und dem lebendigen Rohmaterial seiner Ausbeutung. Ebenso wächst mit dem Umfang der Produktionsmittel, die dem Lohnarbeiter als fremdes Eigentum gegenüberstehen, die Notwendigkeit der Kontrolle über deren sachgemässe Verwendung.

Wenn die kapitalistische Leitung dem Inhalt nach zwieschlächtig ist, wegen der zwieschlächtigen Natur des Produktionsprozesses selbst, welcher einerseits gesellschaftlicher Arbeitsprozess zur Herstellung eines Produktes, andererseits Verwertungsprozess des Kapitals ist, so ist sie der Form nach despotisch. Sobald das Kapital jene Minimalgrösse erreicht hat, womit die eigentliche kapitalistische Produktion erst beginnt, tritt der Kapitalist die Funktion unmittelbarer und beständiger Überwachung der einzelnen Arbeiter und Arbeitergruppen an eine besondere Art Lohnarbeiter ab. Wie eine wirkliche Armee bedarf eine industrielle Armee von Arbeitern Offiziere (Leiter) und Unteroffiziere (Vorarbeiter, Aufsichtsführende), die während des Arbeitsprozesses im Namen des Kapitals kommandieren.

Der Kapitalist ist nicht Kapitalist, weil er industrieller Leiter ist, sondern er wird im Gegenteil industrieller Leiter, weil er Kapitalist ist. Der Oberbefehl in der Industrie ist ein Attribut des Kapitals, so wie zur Feudalzeit der Oberbefehl in Krieg und Gericht Attribut des Grundeigentums war.

Die Produktivkraft, die der Arbeiter als kooperierender Arbeiter entwickelt, ist Produktivkraft des Kapitals. Die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeiter entwickelt sich unentgeltlich, sobald die Arbeiter unter bestimmte Bedingungen gestellt sind, und das Kapital stellt sie unter diese Bedingungen. Weil diese Kraft dem Kapital nichts kostet, und weil sie andererseits vom Arbeiter selbst nicht entwickelt wird, bevor seine Arbeit dem Kapital gehört, erscheint diese Kraft dem Kapital von Natur aus gegeben – als seine immanente Produktivkraft.

Die Kooperation im Arbeitsprozess, wie wir sie im Anfang der menschlichen Entwicklung finden, beruht einerseits auf dem Gemeineigentum an den Produktionsmitteln, andererseits darauf, dass das einzelne Individuum sich von der Nabelschnur des Stammes oder des Gemeinwesens noch ebensowenig losgerissen hat, wie die Biene vom Bienenstock. Diese beiden Charakteristiken unterscheiden die Kooperation von der kapitalistischen Kooperation. Die sporadische Anwendung der Kooperation in grossem Umfang in der antiken Welt, im Mittelalter und in den modernen Kolonien beruht auf unmittelbaren Herrschafts- und Knechtschaftsverhältnissen, hauptsächlich auf Sklaverei. Die kapitalistische Form setzt dagegen von vornherein den freien Lohnarbeiter voraus, der seine Arbeitskraft dem Kapital verkauft. Historisch entwickelte sich diese Form jedoch im Gegensatz zur Bauernwirtschaft und zum unabhängigen Handwerksbetrieb. Ihnen gegenüber erscheint die kapitalistische Kooperation nicht als besondere historische Form der Kooperation, sondern die Kooperation selbst erscheint als eine dem kapitalistischen Produktionsprozess eigentümliche und ihn spezifisch unterscheidende historische Form.

Die Kooperation ist die erste Änderung, welche der wirkliche Arbeitsprozess durch seine Subsumtion unter das Kapital erfährt. Diese Änderung geht naturwüchsig vor sich. Die gleichzeitige Beschäftigung einer grossen Anzahl Lohnarbeiter in demselben Arbeitsprozess bildet den Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktion und ist ein notwendiger Begleitumstand.

12. Teilung der Arbeit und Manufaktur

a) Doppelter Ursprung der Manufaktur

Die auf Teilung der Arbeit beruhende Kooperation erhält ihre klassische Gestalt in der Manufaktur. Sie ist die charakteristische Form des kapitalistischen Produktionsprozesses, die während der eigentlichen Manufakturperiode vorherrscht. Diese Periode währt ungefähr von der Mitte des 16. bis zum letzten Drittel des 18. Jahrhunderts.

Die Manufaktur entspringt auf doppelte Weise: Entweder werden Arbeiter von verschiedenartigen, selbständigen Handwerken, durch deren Hände ein bestimmtes Produkt bis zu seiner Vollendung laufen muss, in einer Werkstatt unter der Kontrolle eines einzigen Kapitalisten vereinigt. Eine Kutsche z. B. war das Produkt der Arbeiten einer grossen Anzahl unabhängiger Handwerker wie Stellmacher, Sattler, Schneider, Schlosser Lackierer, Vergolder usw. Die Kutschenmanufaktur vereinigt alle diese verschiedenen Handwerker in einem Haus. Man kann eine Kutsche zwar nicht vergolden, bevor sie gemacht ist, werden aber viele Rutschen gleichzeitig gemacht, so kann ein Teil beständig vergoldet werden. Bald trat eine weitere wesentliche Veränderung ein. Der Schneider, Schlosser, Gürtler usw., der nur im Kutschenmachen beschäftigt war, verlor nach und nach die Fähigkeit, sein altes Handwerk in seiner ganzen Ausdehnung zu betreiben.

Die Manufaktur entsteht aber auch auf genau entgegengesetzte Weise – nämlich, ein Kapitalist beschäftigt gleichzeitig in einer Werkstatt eine Anzahl Handwerker, die alle dasselbe oder dieselbe Art Arbeit tun. Bald aber wird die Arbeit unter ihnen aufgeteilt. Statt die verschiedenen Operationen nacheinander von demselben Handwerker verrichten zu lassen, werden sie voneinander gelöst, jede Operation wird einem anderen Handwerker zugewiesen. Aus dem individuellen Produkt eines selbständigen. Handwerkers wird die Ware zum gesellschaftlichen Produkt eines Vereins von Handwerkern. Diese ausgebildete Form produziert Artikel, die Schritt für Schritt verbundene Entwicklungsphasen, eine Reihe von Prozessen, durchlaufen, wie der Draht in der Nadelherstellung, der die Hände von 72 und manchmal von 92 verschiedenen Teilarbeitern passiert, während der zünftige Nadler alle diese Operationen verrichtete.

Die Ursprungsweise der Manufaktur, ihre Herausbildung aus dem Handwerk, ist also zwieschlächtig. Einerseits geht sie von der Vereinigung verschiedener selbständiger Handwerker aus, die bis zu dem Punkt verunselbständigt und spezialisiert werden, wo sie nur noch einander ergänzende Teiloperationen im Produktionsprozess einer Ware bilden. Andererseits geht sie von der Kooperation gleichartiger Handwerker aus, zersetzt dieses Handwerk in seine verschiedenen Teiloperationen und isoliert und verselbständigt diese bis zu dem Punkt, wo jede zur ausschliesslichen Funktion eines besonderen Arbeiters wird. Einerseits führt die Manufaktur daher Teilung der Arbeiter in einem Produktionsprozess ein oder entwickelt sie weiter, andererseits vereinigt sie früher getrennte Handwerke. Welches aber immer ihr besonderer Ausgangspunkt gewesen sein mag, ihre Schlussgestalt ist immer dieselbe – ein Produktivmechanismus, dessen Teile Menschen sind.

Zusammengesetzt oder einfach, die Arbeit bleibt zunächst handwerksmässig und ist daher abhängig von Kraft, Geschicklichkeit, Schnelligkeit und Sicherheit des Einzelarbeiters in der Handhabung seiner Werkzeuge. Das Handwerk bleibt die Grundlage. Diese enge technische Grundlage schliesst eine wirklich wissenschaftliche Analyse des Produktionsprozesses aus, da jeder Teilprozess, den das Produkt durchmacht, mit der Hand ausführbar, und in seiner Weise ein selbständiges Handwerk bilden muss. Eben weil das handwerksmässige Geschick so die Grundlage des Produktionsprozesses bleibt, wird jeder Arbeiter ausschliesslich einer Teilfunktion angeeignet und seine Arbeitskraft für den Rest seines Lebens in das Organ dieser Teilfunktion verwandelt.

b) Der Teilarbeiter und sein Werkzeug

Es ist klar, dass ein Arbeiter, der lebenslänglich ein und dieselbe einfache Operation verrichtet, seinen ganzen Körper in ihr automatisches spezialisiertes Organ verwandelt. Infolge dessen braucht er hierfür weniger Zeit als der Handwerker, der eine ganze Reihe von Operationen nacheinander verrichtet. Der Kollektivarbeiter besteht aber aus lauter solchen spezialisierten Teilarbeitern. Im Vergleich zum selbständigen Handwerk wird daher mehr in einer bestimmten Zeit produziert oder die Produktivkraft der Arbeit gesteigert.

Ausserdem vervollkommnet sich die Methode der Teilarbeit, nachdem sie zur ausschliesslichen Funktion einer Person geworden ist. Die stets Wiederholung derselben beschränkten Tätigkeit und die Konzentration der Aufmerksamkeit auf diese Tätigkeit lehren den Arbeiter, erfahrungsgemäss den gewünschten Nutzeffekt mit geringstem Kraftaufwand zu erreichen. Da aber immer verschiedene Abeitergenerationen gleichzeitig zusammenarbeiten, befestigen, häufen und übertragen sich die so gewonnenen technischen Kunstgriffe.

Die Manufaktur produziert in der Tat die Geschicklichkeit des Teilarbeiters, indem sie die natürlich entwickelte Sonderung der Gewerbe, die sie in der Gesellschaft vorfand, im Inneren der Werkstatt reproduziert und systematisch zum Extrem treibt. Andererseits entspricht die Verwandlung der Teilarbeit in den Lebensberuf eines Menschen der Tendenz früherer Gesellschaften, die Gewerbe erblich zu machen, sie entweder in Kasten zu versteinern oder in Zünfte zu verknöchern.

Ein Handwerker, der die verschiedenen Teilarbeiten in der Produktion eines Artikels nacheinander ausführt, muss bald den Platz, bald die Werkzeuge wechseln. Der Übergang von einer Operation zur anderen unterbricht den Fluss seiner Arbeit und bildet gewissermassen Löcher in seinem Arbeitstag. Diese Löcher verengen sich, sobald er den ganzen Tag ein und dieselbe Operation verrichtet, sie verschwindet in dem Masse, wie der Wechsel seiner Operation abnimmt. Die sich ergebende gesteigerte Produktivität ist entweder der zunehmenden Ausgabe von Arbeitskraft in einem gegebenen Zeitraum zuzuschreiben – d. h. einer gesteigerten Arbeitsintensität, – oder einer Abnahme des unproduktiven Verzehrs von Arbeitskraft.

Die Produktivität der Arbeit hängt nicht nur von der Tüchtigkeit des Arbeiters ab, sondern auch von der Vervollkommnung seiner Werkzeuge. Veränderungen der vorher für verschiedene Zwecke verwendeten Geräte werden notwendig. Die Richtung dieser Veränderung wird bestimmt durch die Schwierigkeiten, die man infolge unveränderter Geräteformen erlebt hat. Die Manufaktur wird charakterisiert durch die Veränderung der Arbeitsinstrumente – eine Veränderung, wobei Geräte einer bestimmten Sorte feste Formen für jede besondere Anwendung erhalten, und durch die Spezialisierung dieser Instrumente, wodurch jedes solches Sonderinstrument nur in der Hand spezifischer Teilarbeiter in seinem ganzen Umfang wirkt.

c) Die beiden Grundformen der Manufaktur

Soweit die Manufaktur zunächst zerstreute Handwerke vereinigt, vermindert sie die räumliche Trennung zwischen den verschiedenen Produktionsphasen. Die Zeit des Überganges eines Produkts aus einem Stadium in das andere wird verkürzt, ebenso die Arbeit, welche diese Übergänge vermittelt. Im Vergleich zum Handwerk wird so Produktivkraft gewonnen. Andererseits bedingt die Teilung der Arbeit eine Isolierung der verschiedenen Produktionsphasen und ihre Unabhängigkeit voneinander. Die. Herstellung und Erhaltung des Zusammenhanges zwischen den isolierten Funktionen erfordert den beständigen Transport des Artikels von einer Hand in die andere und aus einem Prozess in den anderen. Vom Standpunkt der modernen mechanischen Industrie tritt diese Forderung als charakteristischer und kostspieliger Nachteil der Manufaktur hervor.

Da das Teilprodukt jedes Teilarbeiters zugleich nur eine besondere Entwicklungsstufe desselben Artikels ist, liefert jeder Arbeiter oder jede Arbeitergruppe einer anderen Arbeitergruppe ihr Rohmaterial. Das Arbeitsresultat des einen bildet den Ausgangspunkt für die Arbeit des anderen. Der eine Arbeiter beschäftigt daher unmittelbar den anderen. Die notwendige Arbeitszeit zur Erreichung des gewünschten Nutzens in jedem Teilprozess wird erfahrungsmässig festgestellt, und der Gesamtmechanismus der Manufaktur beruht auf der Voraussetzung, dass in gegebener Arbeitszeit ein gegebenes Resultat erzielt wird. Nur unter dieser Voraussetzung können die verschiedenen, einander ergänzenden Arbeitsprozesse ununterbrochen, gleichzeitig und nebeneinander fortgehen.

Diese unmittelbare Abhängigkeit der Arbeiten und daher der Arbeiter voneinander zwingt jeden einzelnen, nur die notwendige Zeit zu seiner Funktion zu verwenden, und so wird eine ganz andere Kontinuität, Gleichförmigkeit, Regelmässigkeit, Ordnung und sogar Intensität der Arbeit erzeugt als im unabhängigen Handwerk oder selbst in der einfachen Kooperation Die Regel, dass auf eine Ware nur die zu ihrer Produktion gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit verwandt wird, erscheint bei der Warenproduktion überhaupt als blosse Wirkung der Konkurrenz, weil, oberflächlich ausgedrückt, jeder einzelne Produzent die, Ware zu ihrem Marktpreis verkaufen muss. In der Manufaktur dagegen wird die Lieferung eines, gegebenen Produktenquantums in gegebener Zeit technisches Gesetz des Produktionsprozesses selbst.

Die Teilung der Arbeit in der Manufaktur vereinfacht und vermannigfacht nicht nur die qualitativ verschiedenen Teile des gesellschaftlichen Kollektivarbeiters, sondern erzeugt auch ein mathematisch festes Verhältnis für den quantitativen Umfang dieser Teile – d. h. für die relative Arbeiterzahl oder relative Grösse der Arbeitergruppe in jeder Teiloperation. Sie entwickelt mit der qualitativen Gliederung eine quantitative Regel und Proportionalität des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses.

In der Manufakturperiode wurde früh das Prinzip der Verminderung der zur Warenproduktion notwendigen Arbeitszeit bewusst formuliert: und hier und da entwickelte sich der Gebrauch von Maschinen, namentlich für gewisse einfache erste Prozesse, die in grossem Umfang und mit grossem Kraftaufwand auszuführen sind. Im grossen und ganzen jedoch spielten die Maschinen jene Nebenrolle, die Adam Smith ihnen neben den Teilung der Arbeit zuweist.

Der aus der Vereinigung vieler Teilarbeiter gebildete Kollektivarbeiter bleibt der Mechanismus, der für die Manufakturperiode charakteristisch ist. Die verschiedenen Operationen, die der Produzent einer Ware abwechselnd verrichtet und die sich während des fortschreitenden Arbeitsprozesses verschlingen, nehmen ihn verschiedenartig in Anspruch. In einer Operation muss er mehr Kraft entwickeln, in der anderen mehr Geschicklichkeit und in der dritten mehr Aufmerksamkeit, und dasselbe Individuum besitzt diese Eigenschaften nicht in gleichem Grad. Nachdem die Manufaktur die verschiedenen Operationen getrennt, verselbständigt und isoliert hat, werden die Arbeiter entsprechend ihrer vorwiegenden Eigenschaften geteilt, klassifiziert und eingruppiert. Bilden einerseits ihre Naturbesonderheiten die Grundlage, worauf die Teilung der Arbeit aufgebaut wird, so entwickelt die Manufaktur, einmal eingeführt, in ihnen neue Kräfte, die von Natur aus nur für begrenzte und besondere Funktionen passen. Der Kollektivarbeiter besitzt jetzt alle zur Produktion notwendigen Eigenschaften in gleich hohem Grade und verausgabt sie aufs ökonomischste, indem er alle seine Organe, die aus einzelnen Arbeitern oder Arbeitergruppen bestehen, ausschliesslich zu ihren Sonderfunktionen verwendet. Die Einseitigkeit und die Unvollkommenheit des Teilarbeiters werden zu seiner Vollkommenheit, wenn er zum Teil des Kollektivarbeiters wird. Die Gewohnheit einer einseitigen Funktion verwandelt ihn in ein sicher wirkendes Instrument, während der Zusammenhang des Gesamtmechanismus ihn zwingt, mit der Regelmässigkeit eines Maschinenteiles zu arbeiten. Da der Kollektivarbeiter sowohl einfache als auch zusammengesetzte, sowohl hohe als auch niedrige Funktionen hat, erfordern seine Glieder, die einzelnen Arbeitskräfte, verschiedene Grade der Ausbildung, und sie haben daher auch verschiedenen Wert. Die Manufaktur entwickelt also eine Hierarchie der Arbeitskräfte, der eine Stufenleiter der Arbeitslöhne entspricht.

Weiter erzeugt die Manufaktur in jedem Handwerk, das sie ergreift, eine Klasse sogenannter ungelernter Arbeiter, die der Handwerksbetrieb streng ausschloss. Wenn sie die einseitige Spezialität auf Kosten der ganzen Arbeitskapazität eines Menschen zur Vollendung entwickelt, beginnt sie auch den Mangel aller Entwicklung zu einer Spezialität zu machen. Neben die hierarchische Abstufung tritt die einfache Scheidung der Arbeiter in gelernte und ungelernte. Für die letzteren fallen die Erlernungskosten ganz weg, für die ersteren sinken sie im Vergleich zum Handwerker. Das Sinken des Wertes der Arbeitskraft, verursacht durch den Wegfall oder die Verminderung der Erlernungskosten, schliesst unmittelbar Steigerung des Mehrwertes zugunsten des Kapitals ein; denn alles was die zur Reproduktion, der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit verkürzt, erweitert das Gebiet der Mehrarbeit.

d) Der kapitalistische Charakter der Manufaktur

Der aus vielen individuellen Teilarbeitern zusammengesetzte Arbeitskörper gehört dem Kapitalisten. Die aus der Kombination der Arbeiter entspringende Produktivkraft erscheint daher als Produktivkraft des Kapitals.

Wenn der Arbeiter ursprünglich seine Arbeitskraft an das Kapital verkauft, weil ihm die materiellen Mittel zur Produktion einer Ware fehlen, versagt dem zum Teilarbeiter verkrüppelten Arbeiter seine Arbeitskraft ihren Dienst, sobald sie nicht an das Kapital verkauft wird. Sie funktioniert nur noch in einem Zusammenhang, der erst nach ihrem Verkauf in der Werkstatt des Kapitalisten existiert. Unfähig geworden etwas Selbständiges zu machen, entwickelt der Manufakturarbeiter produktive Tätigkeit nur noch als Zubehör zur Werkstatt des Kapitalisten.

Um den Kollektivarbeiter und durch ihn das Kapital reich an gesellschaftlicher Produktivkraft zu machen, musste jeder Arbeiter arm an individueller Produktivkraft gemacht werden. Der Teilarbeiter produziert keine Ware. Das charakterisiert die manufakturmässige Teilung der Arbeit und unterscheidet sie wesentlich von der Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft. Erst das gemeinsame Produkt der Teilarbeiter verwandelt sich in Ware. Die Teilung der Arbeit im Innern der Gesellschaft ist vermittelt durch den Kauf und Verkauf der Produkte verschiedener Arbeitszweig; der Zusammenhang der Teilarbeiten in der Manufaktur dagegen durch den Verkauf verschiedener Arbeitskräfte an denselben Kapitalisten, der sie als kombinierte Arbeitskraft verwendet. Die manufakturmässige Teilung der Arbeit unterstellt Konzentration der Produktionsmittel in der Hand eines Kapitalisten, die gesellschaftliche Teilung der Arbeit Zersplitterung der Produktionsmittel unter viele voneinander abhängige Warenproduzenten. Gesellschaftliche Teilung der Arbeit bestand längst vor der manufakturmässigen Arbeitsteilung. Die Zunftgesetze jedoch verhinderten planmässig durch Beschränkung der Gesellenzahl, die ein einzelner Zunftmeister beschäftigen durfte, seine Verwandlung in einen Kapitalisten. Ebenso konnte er Gesellen nur beschäftigen in dem Handwerk, in dem er selbst Meister war. Die Zunft wehrte eifersüchtig jeden Übergriff des Kaufmannskapitals ab, dieser einzig freien Form des Kapitals, die ihr gegenüberstand. Der Kaufmann konnte alle Waren kaufen, nur nicht die Arbeit als Ware. Er war nur geduldet als Verleger der Arbeitsprodukte. Riefen äussere Umstände eine fortschreitende Teilung der Arbeit hervor, so spalteten sich bestehende Zünfte oder lagerten sich neue Zünfte neben alte. Die Zunftorganisation schoss die manufakturmässige Teilung der Arbeit aus. Der Arbeiter und sein Produktionsmittel bleiben eng miteinander verbunden, wie die Schnecke mit dem Schneckenhaus, und so fehlt die erste Grundlage der Manufaktur, die Verselbständigung der Produktionsmittel als Kapital gegenüber dem Arbeiter.

Die manufakturmässige Teilung der Arbeit schafft erst die Bedingungen für die Herrschaft des Kapitals über die Arbeit. Wenn sie daher einerseits als historischer Fortschritt und als notwendige Entwicklungsphase im ökonomischen Bildungsprozess der Gesellschaft erscheint, so ist sie andererseits eine raffinierte und zivilisierte Ausbeutungsmethode. Jedoch während der ganzen Periode, in der die Manufaktur die herrschende Form der kapitalistischen Produktionsweise ist, stösst die volle Durchführung dieser Methode auf viele Hindernisse. Obgleich die Manufaktur die einzelnen Operationen dem verschiedenen Grad von Reife, Kraft und Entwicklung ihrer lebendigen Arbeitsorgane anpasst und daher zu produktiver Ausbeutung von Weibern und Kindern drängt, scheitert diese Tendenz vielfach an den Gewohnheiten und dem Widerstand der männlichen Arbeiter. Obgleich die Zersetzung der handwerksmässigen Tätigkeit die Bildungskosten und daher den Wert der Arbeiter senkt, bleibt für schwierige Teilarbeit eine längere Lehrzeit nötig und wird auch da, wo sie überflüssig ist, eifersüchtig von den Arbeitern aufrechterhalten. Beständig ringt das Kapital mit der Insubordination der Arbeiter. Durch die ganze Manufakturperiode läuft die Klage über den Disziplinmangel der Arbeiter. Selbst wenn wir nicht Zeugnisse zeitgenössischer Schriftsteller hätten, die einfachen Tatsachen, dass es vom 16. Jahrhundert bis zur Epoche der grossen Industrie dem Kapital misslingt, sich der ganzen verfügbaren Arbeitszeit der Manufakturarbeiter zu bemächtigen, dass die Manufakturen kurzlebig sind und mit der Ein- und Auswanderung der Arbeiter ihren Sitz in dem einen Land verlassen und in dem anderen aufschlagen, würden Bände sprechen.

Die Manufaktur konnte ausserdem weder die gesellschaftliche Produktion in ihrem ganzen Umfang ergreifen noch in ihrer Tiefe umwälzen. Sie gipfelte als ökonomisches Kunstwerk auf der breiten Basis des städtischen Handwerks und der ländlichen Heimindustrie. Auf einem gewissen Entwicklungsgrad trat ihre enge technische Grundlage in Widerspruch mit den von ihr selbst geschaffenen Produktionsbedürfnissen.

Eines ihrer vollendetsten Gebilde jedoch war die Werkstatt zur Produktion der Arbeitsinstrumente selbst, einschliesslich der bereits angewandten komplizierteren mechanischen Apparate. Diese Werkstatt, das Produkt der manufakturmässigen Teilung der Arbeit, produzierte seinerseits – Maschinen, und diese heben schliesslich die handwerksmässige Tätigkeit als das regelnde Prinzip der Produktion auf.

13. Maschinerie und moderne Industrie

a) Entwicklung der Maschinerie

John Stuart Mill sagt in seinen »Prinzipien der politischen Ökonomie:
»Es ist fraglich, ob alle bisher gemachten mechanischen Erfindungen die Tagesmühe irgendeines menschlichen Wesens erleichtert haben.«
Solches ist jedoch auch keineswegs der Zweck der kapitalistisch verwandten Maschinerie. Sie soll Waren verbilligen und den Teil des Arbeitstages, den der Arbeiter für die Reproduktion seiner Arbeitskraft braucht, verkürzen, um den anderen Teil des Arbeitstages, den er dem Kapitalisten umsonst gibt, zu verlängern. Sie ist Mittel zur Produktion von Mehrwert.

Die Umwälzung der Produktionsweise nimmt in der Manufaktur die Arbeitskraft zum Ausgangspunkt, in der modernen Industrie das Arbeitsmittel. Wir müssen also zunächst untersuchen, wie das Arbeitsmittel aus einem Werkzeug in eine Maschine verwandelt wird oder wodurch sich die Maschine vom Handwerksgerät unterscheidet.

Alle entwickelte Maschinerie besteht aus drei wesentlich verschiedenen Teilen, dem Bewegungsmechanismus, dem Transmissionsmechanismus und endlich der Werkzeug- oder Arbeitsmaschine. Der Bewegungsmechanismus setzt das Ganze in Bewegung. Der Transmissionsmechanismus regelt die Bewegung, ändert, wo es nötig ist, ihre Form (z. B. von der geradlinigen zur kreisförmigen) und verteilt und überträgt sie auf die Arbeitsmaschinen. Die Werkzeug- oder Arbeitsmaschine ist der Teil der Maschinerie, wovon die industrielle Revolution des 19. Jahrhunderts ausging. Bis zum heutigen Tag bildet sie den Ausgangspunkt, so oft ein Handwerksbetrieb oder ein Manufakturbetrieb in eine mit Maschinen betriebene Industrie übergeht.

Bei näherer Untersuchung der eigentlichen Arbeitsmaschine finden wir in der Regel, wenn auch oft in sehr veränderter Form, die Apparate und Werkzeuge wieder, womit der Handwerker oder Manufakturarbeiter arbeitete, aber anstatt als Werkzeuge des Menschen jetzt als Werkzeuge eines Mechanismus oder als mechanische Werkzeuge. Entweder ist die ganze Maschine nur eine mehr oder weniger geänderte Ausgabe eines alten Handwerkergerätes, wie z. B. der Kraftwebstuhl, oder die Arbeitsteile, die in den Rahmen der Maschine eingepasst wurden, sind alte Bekannte, wie Spindeln in der Spinnmaschine, Nadeln in der Strumpfwebmaschine, Sägen in der Sägemaschine und Messer in der Hackmaschine.

Von dem Augenblick an, in dem das eigentliche Werkzeug dem Menschen weggenommen und in einen Mechanismus eingepasst wird, wird die Maschine zum blossen Gerät. Der Unterschied kommt einem sofort zum Bewusstsein, selbst in den Fällen, wo der Mensch die erste Bewegungskraft bleibt. Die Instrumentenzahl, die er selbst gleichzeitig benutzen kann, wird durch die Zahl seiner eigenen natürlichen Produktionsinstrumente, d. h. die Zahl seiner Körperorgane, begrenzt.

In Deutschland versuchte man es zuerst, einen Spinner an zwei Spinnrädern arbeiten zu lassen, d. h. man wollte ihn gleichzeitig mit beiden Händen und beiden Füssen arbeiten lassen. Das war zu anstrengend. Später wurde ein Tretspinnrad mit zwei Spindeln erfunden, aber die Spinnvirtuosen, die zwei Fäden auf einmal spinnen konnten, waren fast so selten wie Menschen mit zwei Köpfen. Andererseits spann die Jenny, schon zur Zeit ihrer Erfindung, mit 12 bis 18 Spindeln, und die Strumpfwebmaschine strickt mit vielen tausend Nadeln auf einmal. Die Werkzeugzahl, die eine Maschine gleichzeitig zum Arbeiten bringen kann, ist vom ersten Augenblick an frei von den organischen Schranken, die für die Werkzeuge eines Handwerkers bestehen.

Die Erweiterung des Umfanges der Arbeitsmaschine und der Zahl ihrer gleichzeitig operierenden Werkzeuge bedingt einen massiveren Triebmechanismus, und dieser Mechanismus benötigt eine mächtigere Triebkraft als die menschliche, um den Widerstand zu überwinden. Erst mit der Erfindung von Watt’s zweiter sogenannter doppeltätigen Dampfmaschine war ein erster Motor gefunden, der seine eigene Kraft durch die Konsumtion von Wasser und Kohle erzeugt, und dessen Kraft vollkommen unter der Kontrolle des Menschen steht, der beweglich und ein Mittel der Bewegung ist, die städtisch und nicht ländlich ist, wie es das Wasserrad war, und es erlaubt, die Produktion in Städten zu konzentrieren statt sie, wie das Wasserrad, hier über das Land zu zerstreuen. Die Grösse von Watt’s Genie zeigt sich in der Spezifikation des Patentes, das er sich im April 1784 geben liess. In dieser Spezifikation wird seine Dampfmaschine nicht als eine Erfindung für einen bestimmten Zweck beschrieben, sondern als ein universell anwendbares Mittel in der mechanischen Industrie.

Der Bewegungsmechanismus wächst mit der Zahl der gleichzeitig zu bewegenden Maschinen und der Übertragungsmechanismus wird ein sich weit ausdehnender Apparat. Wir gehen nun dazu über, die Kooperation vieler Maschinen gleicher Art von einem Maschinensystem zu unterscheiden. In dem einen Fall wird das Produkt vollständig von einer einzigen Maschine hergestellt. Ob diese nun eine blosse Reproduktion eines komplizierten Handwerkszeuges oder eine Kombination verschiedener einfacher durch die Manufaktur spezialisierter Geräte ist, in der Fabrik erscheint in jedem Fall die einfache Kooperation wieder, und diese Kooperation erscheint uns zunächst als räumliche Zusammendrängung gleichartiger und gleichzeitig wirkender Maschinen. Ein eigentliches Maschinensystem tritt aber erst an die Stelle der einzelnen selbständigen Maschine, wo der Arbeitsgegenstand eine zusammenhängende Reihe verschiedener Stufenprozesse durchläuft, die von einer Kette verschiedenartiger, aber einander ergänzender Maschinen ausgeführt werden. Hier haben wir wieder die der Manufaktur eigentümliche Teilung der Arbeit, aber jetzt als Kombination von Teilmaschinen.

Die Kollektivmaschine, jetzt ein organisiertes System von verschiedenartigen einzelnen Maschinen und von Gruppen derselben, wird um so vollkommener, je kontinuierlicher ihr Prozess, d. h. mit je weniger Unterbrechung das Rohmaterial von seiner ersten Phase zu seiner letzten übergeht, mit anderen Worten, je mehr also statt der Menschenhand der Mechanismus selbst es von einer Produktionsphase in die andere fördert.

In der Manufaktur ist die Isolierung jedes Teilprozesses durch die Natur der Arbeitsteilung bedingt, aber in der voll entwickelten Fabrik herrscht dagegen die Kontinuität dieser Prozesse.

Sobald eine Maschine ohne menschliche Hilfe alle Bewegungen ausführt, die zur Bearbeitung des Rohmaterials notwendig sind, und lediglich menschlicher Wartung bedarf, haben wir ein automatisches System der Maschinerie.

Die entwickeltste Produktionsform durch Maschinen ist ein organisiertes Maschinensystem, das seine Bewegung durch einen Transmissionsmechanismus von einem Zentralautomaten erhält. An die Stelle der einzelnen Maschine tritt hier ein mechanisches Ungeheuer, dessen Leib ganze Fabriken füllt, und dessen dämonische Kraft, zunächst versteckt durch die fast feierlich gemessenen Bewegungen seiner Riesenglieder, schliesslich im fieberhaft tollen Wirbeltanz seiner zahllosen Arbeitsorgane ausbricht.

Wie die einzelne Maschine zwergmässig bleibt, solange sie nur durch Menschenkraft bewegt wird, wie das Maschinensystem sich nicht frei entwickeln konnte, bevor an die Stelle der früheren Triebkräfte – Tier, Wind, Wasser – die Dampfmaschine trat, ebenso war die moderne Industrie in ihrer ganzen Entwicklung gelähmt, solange ihr charakteristisches Produktionsmittel, die Maschine, persönlicher Kraft und Geschicklichkeit seine Existenz verdankte; denn solange blieb das Eindringen der Maschine in neue Produktionszweige bedingt durch das Anwachsen einer Kategorie von Arbeitern, die wegen der halb künstlerischen Natur ihres Berufes nur allmählich und nicht sprungweise vermehrt werden konnte. Die moderne Industrie musste sich also ihres charakteristischen Produktionsmittels bemächtigen und Maschinen durch Maschinen produzieren. So erst stellte sie sich auf ihre eigenen Füsse.

In der Manufaktur ist die Gliederung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses noch eine subjektive Kombination von Teilarbeiten. Die moderne Industrie besitzt dagegen einen ganz objektiven Produktionsorganismus, den der Arbeiter als fertige materielle Produktionsbedingung vorfindet. Die Maschinerie funktioniert nur durch vergesellschaftete oder gemeinsame Arbeit. Der kooperative Charakter des Arbeitsprozesses wird hier eine durch die Natur des Arbeitsmittels selbst diktierte technische Notwendigkeit.

b) Wertabgabe der Maschine an das Produkt

Gleich jedem anderen Bestandteil des konstanten Kapitals erzeugt die Maschine keinen neuen Wert, gibt aber ihren eigenen Wert an das Produkt ab, zu dessen Erzeugung sie dient. Die Maschine setzt dem Produkt soviel Wert zu, wie sie, im Durchschnitt durch ihre Abnutzung verliert. Die Proportion gegeben, worin die Maschine Wert auf das Produkt überträgt, hängt die Grösse dieses Wertteils von dem Gesamtwert der Maschine ab. Je weniger Arbeit sie enthält, desto weniger Wert setzt sie dem Produkt zu. Je weniger Wert sie abgibt, desto produktiver ist sie, und desto mehr nähert sich ihr Dienst dem der Naturkräfte. Die Produktivität einer Maschine misst sich daher an dem Grad, worin sie menschliche Arbeitskraft ersetzt.

Ausschliesslich als Mittel zur Verwohlfeilerung des Produktes betrachtet, ist die Grenze für den Gebrauch der Maschinerie darin gegeben, dass ihre eigene Produktion weniger Arbeit kostet, als ihre Anwendung Arbeit ersetzt. Für den Kapitalisten ist dieser Gebrauch jedoch noch enger begrenzt. Da er nicht die angewandte Arbeit bezahlt, sondern nur den Wert der angewandten Arbeitskraft, wird ihm der Maschinengebrauch begrenzt durch die Differenz zwischen dem Wert der Maschine und dem Wert der von ihr ersetzten Arbeitskraft.

c) Wirkungen des maschinenmässigen Betriebes auf den Arbeiter
Frauen- und Kinderarbeit

Sofern die Maschinerie Muskelkraft entbehrlich macht, wird sie zum Mittel, Arbeiter mit geringerer Muskelkraft oder unreifer Körperentwicklung aber grösserer Geschmeidigkeit der Glieder zu beschäftigen. Frauen- und Kinderarbeit war daher das erste Wort der kapitalistischen Anwendung der Maschine.

Dieses gewaltige Ersatzmittel von Arbeit und Arbeiter verwandelte sich hinfort in ein Mittel, die Zahl der Lohnarbeiter zu vermehren durch Einreihung aller Mitglieder der Arbeiterfamilie, ohne Unterschied von Geschlecht und Alter, unter die unmittelbare Botmässigkeit des Kapitals. Die Zwangsarbeit für den Kapitalisten drängte sich nicht nur an die Stelle des Kinderspiels, sondern auch an die der freien Arbeit im häuslichen Kreis.

Der Wert der Arbeitskraft war bestimmt nicht nur durch die zur Erhaltung des individuellen erwachsenen Arbeiters notwendige Arbeitszeit, sondern auch durch die Arbeitszeit, die zur Erhaltung der Arbeiterfamilie nötig war.

Indem die Maschinerie alle Glieder der Arbeiterfamilie auf den Arbeitsmarkt wirft, verteilt sie den Wert der Arbeitskraft des Mannes über seine ganze Familie. Sie entwertet daher seine Arbeitskraft. Damit eine Familie leben kann, müssen jetzt vier Leute nicht nur arbeiten, sondern Mehrarbeit für den Kapitalisten verausgaben. So sehen wir, dass die Maschinerie mit der Erweiterung des menschlichen Materials, dem eigensten Ausbeutungsfeld des Kapitals, zugleich den Grad der Ausbeutung erhöht.

Der Arbeiter verkaufte früher seine eigene Arbeitskraft, worüber er als formell freie Person verfügte. Jetzt verkauft er Frau und Kind. Er ist zum Sklavenhändler geworden.

»Meine Aufmerksamkeit«, sagt z. B. 1858 ein englischer Fabrikinspektor, »wurde auf eine Annonce in dem Lokalblatt einer der bedeutendsten Manufakturstädte meines Distrikts gelenkt: Benötigt 12 bis 20 Jungen, nicht jünger als was für 13 Jahre passieren kann usw. Die Phrase, »was für 13 Jahre passieren kann«, bezieht sich darauf, dass nach dem Fabrikgesetz Kinder unter 13 Jahren nur 6 Stunden arbeiten dürfen.«

Wie aus einer offiziellen medizinischen Untersuchung im Jahre 1861 hervorgeht, ist die erhöhte Kindersterblichkeit in den englischen Industriebezirken hauptsächlich auf die ausserhäusliche Beschäftigung der Mütter zurückzuführen und auf die daraus entspringende Vernachlässigung und Misshandlung der Kinder und nicht zuletzt auf die Entfremdung zwischen Mutter und Kind.

Die durch die kapitalistische Ausbeutung von Frauen und Kindern verursachte moralische Erniedrigung ist von F. Engels in seinem Werk »Lage der arbeitenden Klasse Englands« und anderen Schriftstellern erschöpfend behandelt worden, so dass ich sie an dieser Stelle nur zu erwähnen brauche.

Verlängerung des Arbeitstages

Wenn die Maschinerie das gewaltigste Mittel ist, die Produktivität der Arbeit zu steigern, d. h. die zur Produktion einer Ware nötige Arbeitszeit zu verkürzen, wird sie in den Händen des Kapitals in den zuerst von ihr ergriffenen Industrien zum gewaltigsten Mittel, den Arbeitstag über alle naturgemässe Schranken hinaus zu verlängern.

Die aktive Lebenszeit einer Maschine ist abhängig von der Länge des Arbeitstages oder von der Dauer des täglichen Arbeitsprozesses, multipliziert mit der Anzahl der Tage, an denen sich der Arbeitsprozess wiederholt.

Der materielle Maschinenverschleiss ist doppelt. Der eine entsteht aus ihrem Gebrauch, wie Münzen sich beim Zirkulieren abnutzen, der andere aus ihrem Nichtgebrauch, wie ein Schwert rostet, das in der Scheide steckengelassen wird.

Neben dem materiellen unterliegt die Maschine aber auch einem sozusagen moralischen Verschleiss. Sie verliert Tauschwert entweder durch Maschinen derselben Konstruktion, die billiger produziert werden können, oder durch bessere Maschinen, die konkurrierend neben sie treten. In beiden Fällen ist ihr Wert bestimmt durch die zu ihrer eigenen Reproduktion oder zur Reproduktion der besseren Maschine notwendigen Arbeitszeit. Sie hat daher mehr oder weniger an Weil verloren. Je kürzer die Periode ist, worin ihr Gesamtwert reproduziert wird, desto geringer ist die Gefahr des moralischen Verschleisses; und je länger der Arbeitstag ist, um so kürzer jene Periode. Bei der ersten Einführung der Maschinerie folgen Schlag auf Schlag neue Methoden zu ihrer billigen Reproduktion und Verbesserungen, die nicht nur einzelne Teile, sondern ihre ganze Konstruktion ergreifen. In ihrer ersten Lebensperiode wirkt daher dies besondere Motiv zur Verlängerung des Arbeitstages am heftigsten.

Die Entwicklung des Fabriksystems bindet einen stets wachsenden Bestandteil des Kapitals in eine Form, worin es einerseits sich fortwährend selbst verwerten kann, andererseits Gebrauchswert und Tauschwert verliert, sobald sein Kontakt mit der lebendigen Arbeit unterbrochen wird. Die Maschinerie produziert relativen Mehrwert, nicht nur, indem sie die Arbeitskraft direkt entwertet und dieselbe indirekt durch Verbilligung der in ihre Reproduktion eingehenden Waren verbilligt, sondern auch, indem sie bei ihrer ersten sporadischen Einführung die vom Maschinenbesitzer verwandte Arbeit in Arbeit höheren Grades und grösserer Wirksamkeit verwandelt, den gesellschaftlichen Wert des produzierten Artikels über seinen individuellen Wert erhöht und den Kapitalisten so befähigt, mit geringerem Wertteil des Tagesprodukts den Tageswert der Arbeitskraft zu ersetzen. Während dieser Übergangsperiode, worin der Maschinengebrauch eine Art Monopol bleibt, sind daher die Gewinne ausserordentlich.

Mit der Verallgemeinerung der Maschinerie in einem Industriezweig sinkt der gesellschaftliche Wert des Produkts auf seinen individuellen Wert und es macht sich das Gesetz geltend, dass der Mehrwert nicht aus der Arbeitskraft entspringt, welche durch die Maschine ersetzt wurde. sondern aus der Arbeitskraft, welche an dieser Maschine beschäftigt ist.

Der Mehrwert entspringt nur aus dem variablen Teil des Kapitals und bei gegebener Länge des Arbeitstages wird die Rate des Mehrwertes bestimmt durch das Verhältnis, worin der Arbeitstag in notwendige Arbeit und Mehrarbeit zerfällt. Die Anzahl der gleichzeitig beschäftigten Arbeiter hängt ihrerseits ab von dem Verhältnis des variablen Teils des Kapitals zu dem konstanten. Es ist nun klar, dass der Maschinenbetrieb, wie immer er durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit die Mehrarbeit auf Kosten der notwendigen Arbeit ausdehne, dieses Resultat nur hervorbringt, indem er die Anzahl der von einem gegebenen Kapital beschäftigten Arbeiter vermindert. Er verwandelt einen Teil des Kapitals, der früher variabel war, d. h. sich in lebendige Arbeitskraft umsetzte, in Maschinen, also in konstantes Kapital, das keinen. Mehrwert produziert. Es ist zum Beispiel unmöglich, aus zwei Arbeitern genau so viel Mehrwert herauszupressen wie aus 24. Wenn jeder der 24 Arbeiter auf 12 Stunden nur eine Stunde Mehrarbeit liefert, liefern sie zusammen 24 Stunden Mehrarbeit, während die Gesamtarbeit der zwei Arbeiter nur 24 Stunden beträgt. Es liegt also in der Anwendung der Maschinerie zur Produktion von Mehrwert ein immanenter Widerspruch, indem sie von den beiden Faktoren des Mehrwertes, den ein Kapital von gegebener Grösse liefert, den einen Faktor, die Rate des Mehrwertes, nur dadurch vergrössert, dass sie den anderen Faktor, die Arbeiterzahl, verkleinert. Dieser Widerspruch zeigt sich, sobald mit der Verallgemeinerung der Maschinerie in einem gegebenen Industriezweig der Wert der maschinenmässig produzierten Ware zum regelnden Wert aller Waren derselben Art wird, und es ist dieser Widerspruch, der wiederum das Kapital zur gewaltsamen Verlängerung des Arbeitstages treibt, um die Abnahme in der relativen Anzahl der ausgebeuteten Arbeiter durch Zunahme nicht nur der relativen, sondern auch der absoluten Mehrarbeit zu kompensieren.

Wenn also die kapitalistische Anwendung der Maschinerie einerseits neue mächtige Motive zur masslosen Verlängerung des Arbeitstages schafft und die Arbeitsweise selbst wie den Charakter des gesellschaftlichen Arbeitsorganismus in einer Art umwälzt, die den Widerstand gegen diese Tendenz bricht, produziert sie andererseits, teils durch Einstellung von dem Kapital früher unzugänglicher Schichten der Arbeiterklasse, teils durch Freisetzung der von der Maschine verdrängten Arbeiter eine überflüssige Arbeiterbevölkerung, die sich das Gesetz vom Kapital diktieren lassen muss. Daher die merkwürdige Erscheinung in der modernen Geschichte der Industrie, dass die Maschine alle sittlichen und natürlichen Schranken des Arbeitstages über den Haufen wirft. Daher auch das ökonomische Paradoxon, dass das gewaltigste Mittel zur Verkürzung der Arbeitszeit zum unfehlbarsten Mittel wird, zusätzliche Lebenszeit des Arbeiters und seiner Familie zur Verfügung des Kapitalisten zwecks Vergrösserung des Wertes seines Kapitals zu stellen.

Intensivierung der Arbeit

Es ist selbstverständlich, dass mit dem Fortschritt des Maschinenwesens und der gehäuften Erfahrung einer besonderen Klasse von Maschinenarbeitern die Geschwindigkeit und die Intensität der Arbeit naturwüchsig zunehmen. So ging in England während eines halben Jahrhunderts die Verlängerung des Arbeitstages Hand in Hand mit der Steigerung der Intensität der Fabrikarbeit. Trotzdem muss unvermeidlich einmal der Punkt erreicht werden, wo Ausdehnung des Arbeitstages und Intensität der Arbeit sich gegenseitig ausschliessen, so dass die Verlängerung des Arbeitstages nur mit niedrigerem Intensitätsgrad und umgekehrt ein erhöhter Intensitätsgrad nur mit Verkürzung des Arbeitstages verträglich bleibt. Sobald die allmählich anwachsende Empörung der Arbeiterklasse den Staat zwang, die Arbeitszeit gewaltsam zu verkürzen und zunächst der eigentlichen Fabrik einen Normalarbeitstag zu diktieren, von diesem Augenblick also, wo gesteigerte Produktion von Mehrwert durch Verlängerung des Arbeitstages ein für allemal abgeschnitten war, warf sich das Kapital mit aller Macht auf die Produktion von relativem Mehrwert durch beschleunigte Entwicklung des Maschinensystems.

Gleichzeitig fand eine Änderung in der Natur des relativen Mehrwertes statt. Die intensivere Stunde des zehnstündigen Arbeitstages enthält soviel oder mehr Arbeit, d. h. verausgabte Arbeitskraft, als die porösere Stunde des zwölfstündigen Arbeitstages. Das Produkt der ersteren hat daher genau soviel oder mehr Wert als das Produkt der letzteren.

Wie wird die Arbeit intensiviert?

Die erste Wirkung des verkürzten Arbeitstages beruht auf dem selbstverständlichen Gesetz, dass die Wirksamkeit der Arbeitskraft in umgekehrtem Verhältnis zur Dauer ihrer Wirkung steht. Es wird daher innerhalb gewisser Grenzen am Grad ihrer Kraftäusserung gewonnen, was an ihrer. Dauer verloren geht. Sobald die Verkürzung des Arbeitstages zwangsgesetzlich wird, wird die Maschine in der Hand des Kapitals zum objektiven und systematisch angewandten Mittel, mehr Arbeit in derselben Zeit herauszupressen. Es geschieht dies in doppelter Weise: durch erhöhte Geschwindigkeit der Maschinen und erweiterten Umfang der von einem Arbeiter zu überwachenden Maschinerie.

Verbesserte Konstruktion der Maschinerie ist teils notwendig zur Ausübung des grösseren Druckes auf den Arbeiter, teils, weil die verkürzte Arbeitszeit den Kapitalisten zur strengsten Überwachung der Produktionskosten zwingt. Die Verbesserung der Dampfmaschine hat die Geschwindigkeit des Kolbens gesteigert und es gleichzeitig ermöglicht, durch bessere Kraftausnutzung mit derselben oder sogar noch kleineren Kohlenmenge mehr Maschinen mit derselben Dampfmaschine zu treiben. Die Verbesserungen des Übertragungsmechanismus haben die Reibung verringert, die. Grösse und das Gewicht der Welle zu einem beständig abnehmenden Minimum verkleinert. Schliesslich haben die Verbesserungen der Arbeitsmaschinen ihre Geschwindigkeit und Wirksamkeit erhöht, wie bei dem modernen Kraftwebstuhl, während ihre Grösse gleichzeitig verringert wurde, oder sie haben, während gleichzeitig die Grösse ihrer Rahmenarbeit vergrössert wurde, das Ausmass und die Zahl der arbeitenden Teile, wie bei den Spinnmaschinen, vergrössert, oder sie haben die Geschwindigkeit dieser Arbeitsteile durch kleine Änderungen erhöht.

Die Fabrikinspektoren haben bereits gestanden, dass die Verkürzung des Arbeitstages eine die Gesundheit der Arbeiter, also die Arbeitskraft selbst zerstörende Intensität der Arbeit hervorgerufen habe. Es unterliegt nicht dem geringsten Zweifel, dass die Tendenz des Kapitals, sobald ihm Verlängerung des Arbeitstages ein für allemal durch das Gesetz abgeschnitten ist, sich durch systematische Steigerung der Intensität der Arbeit gütlich zu tun und jede Verbesserung der Maschine in ein Mittel zu grösserer Aussaugung der Arbeitskraft zu verkehren, bald wieder zu einem Wendepunkt treiben muss, wo abermalige Verkürzung der Arbeitszeit unvermeidlich wird. Unter den Fabrikarbeitern in Lancashire hat jetzt (1867) die Achtstundenagitation begonnen.

Die Fabrik

Mit dem Handwerkszeug geht auch die Geschicklichkeit des Arbeiters in seiner Handhabung auf die Maschine über. Die Leistungsfähigkeit des Werkzeuges ist emanzipiert von den persönlichen Schranken menschlicher Arbeitskraft. Damit ist die technische Grundlage, worauf die Arbeitsteilung in der Manufaktur beruht, aufgehoben. An die Stelle der sie charakterisierenden Hierarchie spezialisierter Arbeiter tritt daher in der automatischen Fabrik die Tendenz der Gleichmachung und Nivellierung der Arbeiten, welche die Gehilfen der Maschinen zu verrichten haben, an die Stelle der künstlich erzeugten Unterschiede der Teilarbeiter tritt der natürliche Unterschied von Alter und Geschlecht.

Aus der lebenslangen Spezialität, ein bestimmtes Werkzeug zu führen, wird die lebenslange Spezialität, einer Teilmaschine zu dienen. Die Maschinerie wird missbraucht, um den Arbeiter von seiner frühesten Kindheit an in den Teil einer Teilmaschine zu verwandeln.

In Manufaktur und Handwerk bedient sich der Arbeiter des Werkzeuges, in der Fabrik dient er der Maschine. Dort geht von ihm die Bewegung des Arbeitsmittels aus, dessen Bewegung er in der Fabrik- zu folgen hat. In der Manufaktur bilden die Arbeiter Glieder eines lebendigen Mechanismus. In der Fabrik existiert ein toter Mechanismus unabhängig von den Arbeitern und sie werden ihm als lebendige Anhängsel einverleibt.

Während die Maschinenarbeit das Nervensystem aufs äusserste angreift, unterdrückt sie gleichzeitig das vielseitige Spiel der Muskeln und konfisziert alle freie körperliche und geistige Tätigkeit. Selbst die Erleichterung der Arbeit wird zu einer Tortur, da die Maschine den Arbeiter nicht von der Arbeit befreit, sondern die Arbeit allen Inhalts beraubt. Aller kapitalistischen Produktion ist es gemeinsam, dass nicht der Arbeiter die Arbeitsinstrumente, sondern die Arbeitsinstrumente den Arbeiter beschäftigen. Aber erst in der Fabrik erhält diese Umkehrung technisch handgreifliche Wirklichkeit. Durch seine Verwandlung in einen Automaten tritt das Arbeitsmittel während des Arbeitsprozesses selbst dem Arbeiter als Kapital gegenüber, als tote Arbeit, welche die lebendige Arbeitskraft beherrscht und auspumpt.

Die technische Unterordnung des Arbeiters unter den gleichförmigen Gang der Arbeitsmittel und die eigentümliche Zusammensetzung des Arbeitskörpers aus Individuen beider Geschlechter und verschiedenster Altersstufen schaffen eine kasernenmässige Disziplin, die sich zum vollständigen Fabrikregime ausgebildet und die schon früher erwähnte Arbeit der Oberaufsicht, also zugleich die Teilung der Arbeiter in Handarbeiter und Arbeitsaufseher, in gemeine Industriesoldaten und Industrieunteroffiziere, völlig entwickelt. Der Fabrikkodex, worin das Kapital seine Autokratie über seine Arbeiter formuliert, ist nur die kapitalistische Karikatur der gesellschaftlichen Regelung des Arbeitsprozesses, welche nötig wird mit der Kooperation auf grosser Stufenleiter und der Anwendung der Maschine. An der Stelle der Peitsche des Sklaventreibers tritt das Strafbuch des Aufsehers. Hat Fourier Unrecht, wenn er die Fabriken »gemilderte Bagnos« nennt?

d) Kampf zwischen Arbeiter und Maschine

Der Kampf zwischen Kapitalist und Lohnarbeiter beginnt mit dem Kapitalverhältnis selbst. Er tobt während der ganzen Manufakturperiode. Aber erst seit der Einführung der Maschinerie bekämpft der Arbeiter das Arbeitsmittel selbst, die materielle Verkörperung des Kapitals, Er revoltiert gegen diese besondere Form der Produktionsmittel als materielle Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise.

Im 17. Jahrhundert erlebte fast ganz Europa Revolten der Arbeiter gegen den Bandwebstuhl. Eine von einem Holländer in der Nähe von London errichtete Windsägemühle erlag den Ausschreitungen der Bevölkerung. Everet hatte im Jahre 1758 kaum die erste von Wasserkraft getriebene Wollschneidemaschine aufgestellt, als sie auch schon von 100 000 Menschen, die arbeitslos geworden waren, angezündet wurde. Die ungeheure Maschinenzerstörung in englischen Manufakturbezirken während der ersten 15 Jahre des 19. Jahrhunderts, die als Ludditenbewegung bekannt wurde, gab den Regierungen einen Vorwand für die reaktionärsten Gewaltmassnahmen. Es kostete die Arbeiter Zeit und Erfahrung, bis sie zwischen Maschinerie und ihrer Anwendung durch das Kapital unterscheiden lernten und ihre Angriffe nicht gegen die materiellen Produktionsmittel, sondern gegen die Art ihres Gebrauchs richteten.

Als Maschine wird das Arbeitsmittel sofort zum Konkurrenten des Arbeiters selbst. Wo die Maschine allmählich einen Industriezweig ergreift, produziert sie chronisches Elend in der mit ihr konkurrierenden Arbeiterschicht. Wo der Übergang rasch ist, wirkt sie akut und massenhaft. Das Arbeitsmittel erschlägt den Arbeiter. Dieser direkte Gegensatz erscheint am handgreiflichsten, so oft neueingeführte Maschinerie mit überliefertem Handwerks- oder Manufakturbetrieb konkurriert.

In der modernen Industrie haben die ständige Verbesserung der Maschinerie und die Entwicklung des automatischen Systems einen analogen Effekt. Wer hätte im Jahre 1860, dem Höhepunkt der englischen Baumwollindustrie, von den rasenden Verbesserungen der Maschinerie und der entsprechenden Entlassung der Arbeiter geträumt, die während der folgenden drei Jahre unter dem Stachel des amerikanischen Bürgerkrieges hervorgerufen wurden? Von 1861 bis 1868 vergrösserte sich die Anzahl der Spindeln um 1612541, während die Anzahl der Arbeiter um 50505 abnahm.

Die Maschinerie ist die machtvollste Waffe zur Unterdrückung von Streiks und jener periodischen Revolten der Arbeiterklasse gegen die Autokratie des Kapitals. Die Dampfmaschine war von allem Anfang an ein Gegner der menschlichen Arbeitskraft, ein Gegner, der es dem Kapitalisten möglich machte, die wachsenden Ansprüche der Arbeiter, die das neugeborene Fabriksystem mit einer Krisis bedrohten, unberücksichtigt zu lassen. Man könnte eine ganze Geschichte über Erfindungen schreiben, die seit 1830 nur gemacht wurden, um den Kapitalisten mit Waffen gegen die Revolten der Arbeiterklasse zu versehen.

e) Verdrängung und Anziehung von Arbeitern durch den Maschinenbetrieb

Die von der kapitalistischen Anwendung der Maschinerie untrennbaren Widersprüche und Gegnerschaften existieren nicht als solche, da sie nicht aus der Maschinerie entstehen, sondern aus der kapitalistischen Anwendung! Es ist eine unzweifelhafte Tatsache, dass die Maschinerie an sich nicht verantwortlich ist für das »Freisetzen« der Arbeiter von ihren Existenzmitteln.

Entsprechend der steigenden Masse von Rohstoffen, Halbfabrikaten, Arbeitsinstrumenten usw., die der Maschinenbetrieb mit einer relativ kleinen Arbeiterzahl liefert, sondert sich die Bearbeitung dieser Rohstoffe und Halbfabrikate in zahllose Unterarten, wächst also die Mannigfaltigkeit der gesellschaftlichen Produktionszweige. Das Fabriksystem treibt die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ungleich weiter als die Manufaktur, weil es die Produktivkraft der von ihm ergriffenen Gewerbe in weit höherem Masse vermehrt.

Das unmittelbare Resultat der Maschinerie ist, den Mehrwert und die Produktenmasse, worin Mehrwert verkörpert ist, zu steigern. Und da die Substanz, wovon die Kapitalistenklasse samt Anhang zehrt, reichlicher wird, vergrössern sich auch die Gesellschaftsschichten. Ihr wachsender Reichtum und die relativ verkleinerte Anzahl der zur Produktion der notwendigen Lebensmittel erforderlichen Arbeiter erzeugen mit neuen Luxusbedürfnissen zugleich die Mittel zu ihrer Befriedigung. Ein grösserer Teil des gesellschaftlichen Produkts verwandelt sich in Surplusprodukt, und ein grösserer Teil des Surplusprodukts wird in verfeinerten und vermannigfachten Formen für die Konsumtion geliefert. Mit anderen Worten, die Luxusproduktion wächst. Endlich erlaubt die ausserordentlich erhöhte Produktivkraft der modernen Industrie, begleitet, wie sie ist, von intensiv und extensiv gesteigerter Ausbeutung der Arbeitskraft in allen übrigen Produktionssphären, einen stets grösseren Teil der Arbeiterklasse unproduktiv zu verwenden und so die alten Haussklaven unter dem Namen der dienenden Klasse in stets wachsendem Ausmass zu reproduzieren.

Die Vermehrung der Produktions- und Lebensmittel bei relativ abnehmender Arbeiterzahl verursacht eine grössere Nachfrage nach Arbeit in Industriezweigen, deren Produkte, wie Kanäle, Warendocks, Tunnels, Brücken usw., nur in ferner Zukunft Früchte tragen. Es bilden sich ganz neue Produktionszweige und daher neue Arbeitsgebiete als direktes Resultat des Maschinenwesens oder der ihm entsprechenden allgemeinen industriellen Umwälzung.

Solange sich das Fabriksystem in einem gegebenen Industriezweig auf Kosten des alten Handwerks oder der Manufaktur ausbreitet, ist sein Erfolg so sicher wie der Erfolg einer mit Hinterladern versehenen Armee gegen eine Armee von Bogenschützen. Diese erste Periode, während deren die Maschine ihr Aktionsfeld erobert, ist infolge des ausserordentlichen Profits, den sie zu erzeugen hilft, von entscheidender Bedeutung. Sobald jedoch das Fabriksystem eine gewisse Fussbreite und einen bestimmten Reifegrad erreicht hat, und besonders sobald seine technische Basis, die Maschinerie, selbst durch Maschinerie erzeugt wird, sobald die Kohle- und Eisenerzeugung, die Metallindustrien und die Transportmittel revolutioniert worden sind, kurz, sobald die allgemeinen für die Produktion durch das moderne industrielle System erforderlichen Bedingungen sich gefestigt haben, erhält diese Produktionsart eine Elastizität, eine Fähigkeit für plötzliche sprunghafte Ausdehnung, die kein Hindernis kennt, ausser der Versorgung mit Rohmaterial und der Beschränktheit des Absatzmarktes. Einerseits bewirkt die Maschinerie eine Steigerung der Rohmaterialversorgung. Andererseits liefert die Billigkeit der durch Maschinerie erzeugten Artikel und die verbesserten Transport- und Nachrichtenmittel die Waffen zur Eroberung ausländischer Märkte. In allen Ländern, in denen die moderne Industrie Wurzel gefasst hat, gibt sie durch die ständige »Überzähligmachung« von Arbeitern einen Antrieb zum Auswandern und zum Kolonisieren fremder Länder, die hierdurch in Niederlassungen für die Erzeugung von Rohmaterial des Mutterlandes verwandelt werden. Es entsteht eine neue internationale Arbeitsteilung, die sich den Erfordernissen der Hauptzentren der modernen Industrie anpasst und einen Teil des Erdballes in ein hauptsächlich landwirtschaftliches Produktionsgebiet zur Versorgung des anderen Teiles verwandelt. Diese Entwicklung hängt mit Umwälzungen in der Landwirtschaft zusammen, die wir hier nicht weiter untersuchen brauchen.

Die ungeheure, stossweise Ausdehnbarkeit des Fabriksystems und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauffolgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der modernen Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperitäten, Überproduktion, Krise und Stagnation. Die Unsicherheit und Unstetigkeit, denen der Maschinenbetrieb die Beschäftigung und damit die Lebenslage des Arbeiters unterwirft, werden normal mit diesem Periodenwechsel des industriellen Zyklus. Die Zeiten der Prosperität abgerechnet, rast zwischen den Kapitalisten heftigster Kampf um ihren Anteil am Markt.

Das Anwachsen der Anzahl der Fabrikarbeiter ist bedingt durch ein proportionell viel rascheres Wachsen des in den Fabriken angelegten Gesamtkapitals. Dieser Prozess vollzieht sich aber nur innerhalb der Ebbe- und Flutperioden des industriellen Zyklus von Prosperität und Krise. Er wird zudem stets unterbrochen durch den technischen Fortschritt, der Arbeiter bald virtuell ersetzt, bald faktisch verdrängt. Dieser qualitative Wechsel in der mechanischen Industrie entfernt beständig Arbeiter aus der Fabrik oder verschliesst ihr Tor dem neuen Rekrutenstrom, während die blosse quantitative Ausdehnung der Fabriken neben den Herausgeworfenen frische Kontingente verschlingt. Die Arbeiter werden so fortwährend abgestossen und angezogen, hin- und hergeschleudert.

f) Revolutionierung von Handwerk und Hausarbeit durch die moderne Industrie

Die Produktion in allen anderen Industriezweigen dehnt sich mit der Entwicklung des Fabrikwesens nicht nur aus, sondern ändert ihren Charakter. Dies gilt nicht nur für alle auf grosser Stufenleiter kombinierter Produktion, ob sie Maschinerie anwende oder nicht, sondern auch für die sogenannte Heimindustrie, ob ausgeübt in den Privatwohnungen der Arbeiter oder in kleinen Werkstätten. Diese moderne sogenannte Heimindustrie hat mit der altmodischen Heimindustrie, die die Existenz des unabhängigen städtischen Handwerks, selbständige Bauernwirtschaft und vor allem ein Wohnhaus für den Arbeiter und seine Familie voraussetzt, nichts gemein als den Namen. Diese Heimindustrie ist jetzt verwandelt in die auswärtige Abteilung der Fabrik, der Manufaktur oder des Warenhauses, Neben den Fabrikarbeitern, Manufakturarbeitern und Handwerkern, die es in grossen Massen auf einen Fleck zusammendrängt und direkt kommandiert, bewegt das Kapital durch unsichtbare Fäden eine andere Armee in den grossen Städten und über das flache Land verstreuter Heimarbeiter.

Die durch das Fabriksystem erst systematisch ausgebildete Ökonomisierung der Produktionsmittel, von vornherein zugleich rücksichtsloseste Verschwendung der Arbeitskraft und Raub an den normalen Voraussetzungen der Arbeitsfunktion – kehrt jetzt ihre vernichtende und menschenmörderische Seite um so mehr heraus, je weniger in einem Industriezweig die gesellschaftliche Produktivkraft der Arbeit und die technische Grundlage kombinierter Arbeitsprozesse entwickelt sind.

Die Ausbeutung in der Heimarbeit ist schamloser, weil die Widerstandsfähigkeit der Arbeiter mit ihrer Zersplitterung abnimmt, weil eine ganze Reihe räuberischer Parasiten sich zwischen den eigentlichen Arbeitgeber und den Arbeiter drängen, weil die Heimarbeit überall mit Maschinenbetrieben oder wenigstens Manufakturbetrieben desselben Produktionszweiges, weil die Armut dem Heimarbeiter Raum, Licht, Ventilation usw. raubt und endlich, weil in dieser letzten Zufluchtsstätte der durch die moderne Industrie und Landwirtschaft »überzählig« Gemachten die Konkurrenz der Arbeiter untereinander das höchste Mass erreicht.

g) Fabrikgesetzgebung

Die Fabrikgesetzgebung, diese erste bewusste und planmässige Reaktion der Gesellschaft auf die spontane Entwicklung ihres Produktionsprozesses, ist ebensosehr ein notwendiges Produkt der modernen Industrie; wie Baumwollgarn und der elektrische Telegraph.

Solange die Fabrikgesetzgebung nur die Arbeit in Fabriken und Manufakturbetrieben regelt, erscheint sie als blosse Einmischung in die Ausbeutungsrechte des Kapitals. Jede Regulierung der sogenannten »Heimarbeit« stellt sich dagegen sofort als direkter Eingriff in die elterliche Autorität dar, wovor das zartfühlende englische Parlament lange zurückschreckte. Die Gewalt der Tatsachen zwang jedoch, endlich anzuerkennen, dass die moderne Industrie mit der ökonomischen Grundlage des alten Familienwesens und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch die alten Familienverhältnisse selbst auflöst. Das Recht der Kinder musste proklamiert werden.

Die Notwendigkeit, das Fabrikgesetz aus einem Ausnahmegesetz für mechanische Spinnereien und Webereien in ein Gesetz umzuwandeln, das die gesellschaftliche Produktion als Ganzes betraf, entsprang der geschichtlichen Entwicklung der modernen Industrie. Durch die moderne Industrie wird die überlieferte Gestalt von Manufaktur, Handwerk und Hausarbeit gänzlich umgewälzt. Handwerk und Manufakturarbeit geht beständig an die Fabriken über, während die Heimarbeit in Jammerhöhlen stattfindet, wo die tollsten Ungeheuerlichkeiten der kapitalistischen Ausbeutung ihr freies Spiel trieben. Zwei Umstände gaben jedoch zuletzt den Ausschlag: erstens die wiederholte Erfahrung, dass das Kapital, sobald es sich der Staatskontrolle an einem Punkt unterworfen sieht, sich an anderen Stellen um so massloser entschädigt; zweitens der Schrei der Kapitalisten selbst nach Gleichheit der Konkurrenzbedingungen, d. h. nach gleichen Einschränkungen der Arbeitsausbeutung.

Wenn die Verallgemeinerung der Fabrikgesetzgebung als physisches und geistiges Schutzmittel der Arbeiterklasse unvermeidlich geworden ist, beschleunigt sie andererseits die Verwandlung zahlreicher zerstreuter kleiner Betriebe in Industrien mit kombinierten Arbeitsprozessen auf grosser Stufenleiter, sie beschleunigt also die Konzentration des Kapitals und die Alleinherrschaft des Fabriksystems. Sie zerstört alle altertümlichen und Übergangsformen, wohinter sich die Herrschaft des Kapitals noch teilweise versteckt, und ersetzt sie durch seine direkte, unverhüllte Herrschaft. Damit verallgemeinert sie auch den direkten Kampf gegen diese Herrschaft. Während sie in den individuellen Werkstätten Gleichförmigkeit, Regelmässigkeit, Ordnung und Ökonomie erzwingt, vermehrt sie durch den ungeheuren Ansporn, den Schranke und Regel des Arbeitstages der Technik aufdrücken, die Anarchie und Katastrophen der kapitalistischen Produktion im grossen und ganzen, die Intensität der Arbeit und die Konkurrenz der Maschinerie mit dem Arbeiter. Mit den Sphären des Kleinbetriebes und der Heimarbeit vernichtet sie die letzte Zufluchtsstätte der »überzähligen Bevölkerung« und damit das einzige bisherige Sicherheitsventil des ganzen gesellschaftlichen Mechanismus. Mit den materiellen Bedingungen und der gesellschaftlichen Kombination des Produktionsprozesses reift sie die Widersprüche und Gegensätze seiner kapitalistischen Form, daher gleichzeitig die Bildungselemente einer neuen und die Umwälzungsmomente der alten Gesellschaft.

h) Moderne Industrie und Landwirtschaft

Im Ackerbau ist der Gebrauch der Maschine grossenteils frei von den physischen Nachteilen, die sich daraus für den Fabrikarbeiter ergeben, doch wirkt sie, hier noch intensiver und ohne Gegenstoss auf die »Überzähligmachung« der Arbeiter. In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ersetzen zwar landwirtschaftliche Maschinen einstweilen nur potentiell Arbeiter, d. h. sie erlauben dem Produzenten eine grössere Fläche zu bebauen, verjagen aber nicht wirklich beschäftigte Arbeiter (wie in England).

In der Sphäre der Landwirtschaft wirkt die grosse Industrie insofern revolutionär, als sie den Bauern, das Bollwerk der alten Gesellschaft (an vielen Orten) vernichtet, und ihm den Lohnarbeiter unterschiebt. Die sozialen Gegensätze des Landes werden so denen der Stadt angeglichen. Ferner vermehrt die kapitalistische Produktionsweise mit dem stets wachsenden Übergewicht der städtischen Bevölkerung, die sie in grossen Zentren zusammenwirft, die geschichtliche Bewegungskraft der Gesellschaft, zerstört allerdings gleichzeitig den Stoffwechsel zwischen Mensch und Erde sowohl wie die physische Gesundheit der Stadtarbeiter und das geistige Leben der Landarbeiter.

Es tritt zwar an die Stelle des traditionsgebundenen und irrationellen Betriebes (zunehmend) die bewusste, technologische Anwendung der Wissenschaft, aber in der Landwirtschaft wie in der Industrie erscheint die kapitalistische Umwandlung des Produktionsprozesses zugleich als Märtyrertum des Produzenten und die gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses als organisierte Unterdrückung seiner individuellen Lebendigkeit, Freiheit und Selbständigkeit. Die Zerstreuung der Landarbeiter über grössere Gebiete bricht ausserdem ihre Widerstandskraft, während Konzentration die der städtischen Arbeiter steigert. Wie in der städtischen Industrie wird in der modernen Agrikultur die gesteigerte Produktivität der Arbeit erkauft durch Verwüstung der Arbeitskraft selbst. Ausserdem ist nicht jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben; jeder Fortschritt in Steigerung der Fruchtbarkeit des Bodens für eine gegebene Zeitfrist ist zugleich ein Fortschritt im Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. Je mehr ein Land von der modernen Industrie als der Basis seiner Entwicklung ausgeht, wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten, desto rascher ist dieser Zerstörungsprozess. Die kapitalistische Produktion entwickelt daher nur die Technik und Kombination des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, indem sie zugleich die Quellen allen Reichtums – die Erde und den Arbeiter – untergräbt.


Source: »Karl Marx: Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie«, Offenbach/M., Bollwerk Verlag, 1949

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