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DAS WACHSENDE ELEND IST EIN HISTORISCHES GESETZ


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Das wachsende Elend ist ein historisches Gesetz
Anmerkungen
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Das wachsende Elend ist ein historisches Gesetz

Die Bourgeoisie, die hundert Jahre lang damit beschäftigt war, die Unhaltbarkeit der marxistischen Lehre zu beweisen, hat in den Aussagen des neuen Textes »Grundlagen des Marxismus-Leninismus«, der in diesem Jahr in Moskau veröffentlicht wird, gültige Elemente gefunden, um die »Absurdität« der Theorie des wachsenden Elends zu bestätigen. Die deutsche Zeitschrift »Die Zeit« stellt in einem Artikel vom letzten Oktober diesen Prozess der Abkehr von den alten sowjetischen Positionen fest und nennt ihn einen »Abschied von Marx«[1] (offensichtlich tun sie so, als würden sie ignorieren, dass der »Abschied« nicht von heute, sondern von vor über dreissig Jahren stammt und »Stalinismus« genannt wird).

Die Bourgeoisie hat die Theorie des wachsenden Elends der Masse der Proletarier immer als eine der törichtsten kommunistischen Formulierungen bezeichnet, die ebenso blind für die Entwicklung von Organisationen zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter ist wie für die Steigerung des allgemeinen Wohlstands. Aber jetzt kann er sich an den russischen »neuen Formulierungen« erfreuen und feststellen:
»Die ideologische Wendung wurde nicht auf einem Parteikongress oder einer Plenarsitzung des ZK verkündet – und es gab diesmal auch kein ›Geheimreferat‹. Trotzdem steht sie in ihrer Bedeutung, vom Standpunkt der Parteidoktrin aus gesehen, nicht hinter der sensationellen Kritik an Stalin auf dem 20. Parteitag im Februar 1956 zurück.«[2]

In der Tat wird das, was in der marxistischen Lehre ein grundlegendes Gesetz des kapitalistischen Entwicklungsprozesses ist, in der 1958 erschienenen Ausgabe des russischen Lehrbuchs »Politische Ökonomie« auf einen Prozess und in einem eineinhalbseitigen Kapitel des genannten Textes mit dem Titel »Die Verschlechterung der Lage der Arbeiterklasse« auf eine Tendenz reduziert, der sich »andere Faktoren entgegenstellen«, während die Kategorien Lohnarbeit und Kapital, die ihre Voraussetzungen sind, bestehen bleiben. Dieser Positionswechsel stellt nach Ansicht der bürgerlichen Zeitschrift eine Notwendigkeit dar, der sich die Russen beugen müssen angesichts »der Arbeits- und Sozialgesetzgebung, dem Aufstieg der Gewerkschaften, der Verkürzung der Arbeitszeit durch die Einführung des Achtstundentags (Marx hatte die Erringung des zehnstündigen Arbeitstages noch als grossen Sieg gefeiert!) und dem unzweifelhaften Ansteigen des Reallohns der Industriearbeiter«, da die Kremlführung weiss, »dass der Bogen nicht überspannt« werden darf, um »die Kluft zwischen den ideologischen Thesen und der Realität nicht ins Unermessliche« steigen zu lassen und um zu verhindern, dass »die Ideologie nicht jede Glaubwürdigkeit verlieren und zum allgemeinen Gespött werden soll.«[3]

Wir übernehmen direkt aus dem in der DDR übersetzten russischen Text und nicht aus den Zitaten aus »Die Zeit« die Passagen, die die »neue« Position am deutlichsten definieren, und wir nehmen uns die Freiheit, wieder einmal unsere Nase in einen Dialog zwischen »Grossen« zu stecken,[4] um die absolute ideologische Verwandtschaft zwischen den Aussagen der Vertreter der beiden Blöcke zu zeigen, die sich aus der Identität der in ihnen herrschenden ökonomischen Verhältnissen ergibt:
»Die marxistische These von der tendenziellen Verschlechterung der Bedingungen der Arbeiterklasse wird als Dogma dargestellt, wonach es in einem kapitalistischen Regime von Jahr zu Jahr, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt zu einer kontinuierlichen absoluten Verschlechterung der Lebensbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter käme, während Marx bei der Formulierung dieser These nicht an einen ununterbrochenen Prozess, sondern an eine Tendenz [kursiv im Text] des Kapitalismus dachte, die sich in den verschiedenen Ländern und Perioden durch die Überwindung von Abweichungen und Zufälligkeiten ungleichmässig realisiert und der andere Faktoren entgegenwirken. Einer dieser gegenläufigen Faktoren ist der Kampf der Arbeiterklasse für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist dieser Kampf aktiver denn je. Das Bollwerk der internationalen Reaktion – der deutsche und italienische Faschismus – wurde niedergerissen. Die Arbeiterklasse der kapitalistischen Länder gewann an Organisation und Kompaktheit. Der Erfolg der sozialistischen Länder zwang die Bourgeoisie, den Arbeitern Zugeständnisse zu machen.«[5]
Hier findet sich alles.

Wie wir sehen, erscheinen die »neuen« Formulierungen, wenn man sie mit der banalen Kritik vergleicht, die die Bourgeoisie immer an die Theorie des wachsenden Elends richtet – eine Kritik, die auf der Verherrlichung der »Errungenschaften« der Arbeiter unter dem kapitalistischen Regime beruht –, nicht als Beweis für die Unhaltbarkeit der letzteren, sondern als Beweis für das Vorherrschen der gleichen Interessen in Ost und West. Beide lenken den Diskurs in der Tat vom grundlegenden Punkt ab, der relativen Zunahme nicht nur des wirtschaftlichen, sondern auch des sozialen Elends der Masse der Lohnabhängigen, sie wissen nichts anderes zu tun, als sich vor der universellen bürgerlichen Wahrheit zu verneigen:
»Heute ist es nicht mehr so wie früher; heute hat der Arbeiter einen Fernseher«; also verarmt er nicht, denn die Gesellschaft bietet ihm immer mehr Möglichkeiten des Wohlbefindens und deshalb ist es nicht nötig, sie zu revolutionieren; es reicht, für die Verbesserung der eigenen Stellung innerhalb ihres Rahmens zu kämpfen. Beide sind sich einig, dass die gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiter und ihr wirtschaftlicher Kampf ihre Lage so weit verbessern können, dass die Tendenz des Kapitals, sie zu verarmen, umgekehrt wird. Beide sehen nicht, bzw. geben vor, nicht zu sehen, dass Löhne und Profite, d. h. Arbeit und Kapital, in einem umgekehrten Verhältnis zueinander stehen.

• • •

(Im ersten Teil dieses Artikels wurde die von einer westdeutschen Zeitung begeistert aufgenommene sowjetische These dargelegt, dass die zunehmende Verarmung kein historisches Gesetz ist, sondern eine Tendenz, der die »Lohneroberungen« der Arbeiter und die dem bürgerlichen Regime aufgezwungenen Reformen immer entgegenwirken; und das dem entgegengesetzte marxistische Prinzip bekräftigt.)

• • •

Das banale Argument, dass die Verfügbarkeit der Arbeiter über die Produkte zugenommen hat (was für den Bourgeois wie eine Verbesserung der Existenzbedingungen klingt), hat nichts mit dem Gesetz des zunehmenden Elends zu tun, wie es bereits 1847 formuliert wurde, zu einer Zeit, als Klassenkampf und wirtschaftliche Organisation (die für die Russen gegenläufige Faktoren zu der Tendenz wären) in voller Entwicklung waren und von Marx keineswegs ignoriert wurden. Wir geben seine Worte noch einmal in derselben Weise wieder, wie sie in »Lohnarbeit und Kapital« formuliert wurden, da keine »neue Tatsache« aufgetaucht ist, die sie für den Marxismus ungültig gemacht hätten:
»Wächst das Kapital, so wächst die Masse der Lohnarbeit, so wächst die Anzahl der Lohnarbeiter, mit einem Wort: Die Herrschaft des Kapitals dehnt sich über eine grössere Masse von Individuen aus.«[6] [so fallen die kleinen Produzenten in die stets wachsende Masse der Mittellosen].
»Und unterstellen wir den günstigsten Fall: Wenn das produktive Kapital wächst, wächst die Nachfrage nach Arbeit. Es steigt also der Preis der Arbeit, der Arbeitslohn.«[7] [der Arbeiter…kauft einen Fernseher].
»Ein merkliches Zunehmen des Arbeitslohns setzt ein rasches Wachsen des produktiven Kapitals voraus. Das rasche Wachsen des produktiven Kapitals ruft ebenso rasches Wachstum des Reichtums, des Luxus, der gesellschaftlichen Bedürfnisse und der gesellschaftlichen Genüsse hervor. Obgleich also die Genüsse des Arbeiters gestiegen sind, ist die gesellschaftliche Befriedigung, die sie gewähren, gefallen im Vergleich mit den vermehrten Genüssen des Kapitalisten, die dem Arbeiter unzugänglich sind, im Vergleich mit dem Entwicklungsstand der Gesellschaft überhaupt. Unsre Bedürfnisse und Genüsse entspringen aus der Gesellschaft; wir messen sie daher an der Gesellschaft; wir messen sie nicht an den Gegenständen ihrer Befriedigung. Weil sie gesellschaftlicher Natur sind, sind sie relativer Natur.«.[8]
»Welches ist nun das allgemeine Gesetz, das das Fallen und Steigen des Arbeitslohns und Profits in ihrer wechselseitigen Beziehung bestimmt?
Sie stehen im umgekehrten Verhältnis. Der Anteil des Kapitals, der Profit, steigt in demselben Verhältnis, worin der Anteil der Arbeit, der Taglohn, fällt, und umgekehrt. Der Profit steigt in dem Masse, worin der Arbeitslohn fällt, er fällt in dem Masse, worin der Arbeitslohn steigt.«
[9] [Kursivschrift von Marx].
»Eine rasche Zunahme des Kapitals ist gleich einer raschen Zunahme des Profits. Der Profit kann nur rasch zunehmen, wenn der Preis der Arbeit, wenn der relative Arbeitslohn ebenso rasch abnimmt. Der relative Arbeitslohn kann fallen, obgleich der reelle Arbeitslohn gleichzeitig mit dem nominellen Arbeitslohn, mit dem Geldwert der Arbeit steigt, aber nur nicht in demselben Verhältnis steigt wie der Profit. Steigt z. B. in guten Geschäftszeiten der Arbeitslohn um 5 Prozent, der Profit dagegen um 30 Prozent, so hat der verhältnismässige, der relative Arbeitslohn nicht zugenommen, sondern abgenommen.
Vermehrt sich also die Einnahme des Arbeiters mit dem raschen Wachstum des Kapitals, so vermehrt sich gleichzeitig die gesellschaftliche Kluft, die den Arbeiter vom Kapitalisten scheidet, so vermehrt sich gleichzeitig die Macht des Kapitals über die Arbeit, die Abhängigkeit der Arbeit vom Kapital.«
[10] Das ist das wachsende Elend, das gleichzeitig »Arbeitsmühsal« im weitesten Sinne ist. Es geht nicht darum, den Anstieg der Kaufkraft des Proletariats zu leugnen (der sich fast immer in einem grösseren Angebot an Industrieprodukten niederschlägt), sondern zu zeigen, dass die Ausbeutung, der es ausgesetzt ist, umso grösser ist, je mehr es erhält.

Und weiter:
»Ist das Kapital rasch anwachsend, so mag der Arbeitslohn steigen; unverhältnismässig schneller steigt der Profit des Kapitals. Die materielle Lage des Arbeiters hat sich verbessert, aber auf Kosten seiner gesellschaftlichen Lage. Die gesellschaftliche Kluft, welche ihn vom Kapitalisten trennt, hat sich erweitert.«[11]
Das ist der Punkt (selbst wenn man die allgemeine Überlegung beiseite lässt, dass angesichts der grossen Krisen, Wirtschaftskatastrophen, Kriege usw. die absolute Steigerung des »Lebensstandards« selbst einer Verhöhnung gleicht): Der bürgerliche »Idealismus« reduziert die menschliche Existenz – trotz aller idealistischen Beschwörungen – auf ihren blossen monetären Ausdruck; der marxistische Materialismus bringt sie auf ihren sozialen, ja menschlichen Inhalt zurück; er beurteilt sie in dem Masse als verarmt, wie er deren Inhalt verarmt.

Zum Schluss:
»Je rascher die Arbeiterklasse die ihr feindliche Macht, den fremden, über sie gebietenden Reichtum vermehrt und vergrössert, unter desto günstigern Bedingungen wird ihr erlaubt, von neuem an der Vermehrung des bürgerlichen Reichtums, an der Vergrösserung der Macht des Kapitals zu arbeiten, zufrieden, sich selbst die goldnen Ketten zu schmieden, woran die Bourgeoisie sie hinter sich herschleift.«[12]

Auf dieser Kritik beruht für uns Marxisten und für die gesamte Dauer des Kapitalismus die Realität des Verhältnisses zwischen Arbeit und Kapital und damit der Existenzbedingungen der Arbeiter. Wir interessieren uns weder für periodische russische Aktualisierungen noch für die sensationellen Enthüllungen der bürgerlichen Presse, denn wir sind uns sicher, dass die Entwicklung des Kapitalismus und damit der Klassengegensätze die Konsequenz aus dem Gesetz des wachsenden Elends zeigen wird: die Wiederaufnahme des revolutionären Kampfes des Proletariats. Uns geht es nur darum zu zeigen, wie sich der scheinbare ideologische Gegensatz für beide Seiten in einer Verherrlichung des rein fordernden und legalen Kampfes der Ausgebeuteten im Rahmen des bestehenden Regimes auflöst, und so das Eingeständnis der wirtschaftlichen und sozialen Identität der beiden Blöcke abzuleiten.

Anmerkungen: (sinistra.net)
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  1. siehe »Die Zeit«, № 40/1960 vom 30. 10. 1960.[⤒]

  2. »Abschied von Marx«, »Die Zeit«, № 40/1960 vom 30. 10. 1960.[⤒]

  3. »Abschied von Marx«, »Die Zeit«, № 40/1960 vom 30. 10. 1960.
    Die Stossrichtung des »Zeit«-Artikels ist vor allem der Versuch nachzuweisen, dass es keine absolute Verelendung mehr geben kann unter den modernen kapitalistischen Verhältnissen. So zitiert man dort Passagen aus dem »Manifest«, dem »Kapital« oder aus Lenins Artikel »Die Verelendung in der kapitalistischen Gesellschaft« (siehe LW, Bd. 18, S. 428), in denen die auch die absolute Verelendung thematisiert wird und behauptet, die These der absoluten Verelendung wäre ein Dogma der Marxisten gewesen. Wer jedoch die Lebenswirklichkeit der kapitalistischenGesellschaften kennt weiss wohl, dass sich relative und absolute Verelendung keineswegs gegenseitig ausschliessen sondern sogar innerhalb der selben Gesellschaftsformationen gleichzeitig auftreten können. Zitieren wir also kurz aus dem oben erwähnten Artikel Lenins:
    »Die bürgerlichen Reformisten und in ihrem Gefolge manche Opportunisten aus den Reihen der Sozialdemokratie behaupten, dass es eine Verelendung der Massen in der kapitalistischen Gesellschaft nicht gebe. Die ›Verelendungstheorie‹ stimme nicht, der Wohlstand der Massen wachse, wenn auch langsam, die Kluft zwischen Besitzenden und Besitzlosen werde nicht grösser, sondern kleiner.
    […] Nach Angaben bürgerlicher Sozialpolitiker, die sich auf amtliche Quellen stützen, ist der Durchschnittslohn der Arbeiter in Deutschland in den letzten 30 Jahren um 25 % gestiegen. Im gleichen Zeitabschnitt haben sich die Lebenshaltungskosten mindestens um 40 % erhöht!!
    Sowohl Nahrungsmittel als auch Kleidung, Heizmaterial und Wohnungen – alles ist im Preis gestiegen. Der Arbeiter verelendet absolut, das heisst, er wird geradezu ärmer als früher, er ist gezwungen, schlechter zu leben, sich kärglicher zu ernähren, sich immer weniger satt zu essen, in Kellerräumen und in Dachstuben zu hausen.
    Noch offensichtlicher ist jedoch die relative Verelendung der Arbeiter, d. h. die Verringerung ihres Anteils am gesellschaftlichen Einkommen. Der verhältnismässige Anteil der Arbeiter an dem rasch wachsenden Reichtum der kapitalistischen Gesellschaft wird immer geringer, denn die Millionäre werden immer schneller reich.«

    Soviel also zu den angeblichen »marxistischen Dogmen«.
    Bei den Stalinisten sah dies anders aus, dort gab es in der Tat eine Art Fixierung auf die absolute Verelendung. So heisst es im 1953 herausgegebenen Lehrbuch »Politische Ökonomie« (also dem Vorläufer des 1958 überarbeiteten und hier kritisierten Werks noch unter der Überschrift »Die zunehmende Verelendung der Arbeiterklasse der kapitalistischen Länder« (zitiert nach der DDR-Ausgabe von 1954, Kapitel 22 Abschnitt 6 bzw. 8):
    »Die Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus nach dem zweiten Weltkrieg brachte eine weitere Verelendung des Proletariats mit sich. Die Monopole steigern unaufhörlich die Ausbeutung der Werktätigen; das Monopolkapital wälzt die verheerenden Folgen des Krieges und der Militarisierung der Wirtschaft voll und ganz auf die Schultern der Werktätigen ab.
    Die Periode nach dem zweiten Weltkrieg ist durch eine weitere Vertiefung der Kluft zwischen den sozialen Polen der kapitalistischen Gesellschaft gekennzeichnet. Die Verstärkung der Ausbeutung des Proletariats äussert sich vor allem im Absinken des Reallohns. Ein überaus wesentlicher Faktor für die Senkung des Reallohns ist das Vorhandensein einer ständigen Massenarbeitslosigkeit. Daneben werden die Arbeitsbedingungen der in Arbeit stehenden Arbeiter systematisch durch umfassende Anwendung der verschiedenartigsten Antreiber-Lohnsysteme verschlechtert, die eine rücksichtslose Steigerung der Arbeitsintensität ermöglichen.
    Mit Unterstützung der Rechtssozialisten und der reaktionären Gewerkschaftsbeamten erreichen die Monopole eine Senkung des Reallohns durch ›Einfrieren‹ des Nominallohns (›Lohnstop‹), d. h., trotz Inflation und Zunahme der Steuerlast werden Lohnerhöhungen verweigert. Die Inflation führt zu einer Erhöhung der Lebenshaltungskosten, zu rascher Steigerung der Preise für Bedarfsgüter und damit zur Vertiefung der Kluft zwischen Nominallohn und Reallohn. Die Mittel für die äussere Expansion und die Militarisierung der Wirtschaft der kapitalistischen Länder werden durch Anziehen der Steuerschraube aus den Werktätigen herausgepresst. Auch das rasche Anwachsen der Mieten und die Verschlechterung der Wohnbedingungen tragen dazu bei, dass der Lebensstandard der Arbeiterklasse sinkt. Das Absinken des Reallohns führt zu einer systematischen Verschlechterung der Ernährung der Arbeiterbevölkerung.
    Auch die Lage der werktätigen Intelligenz in den kapitalistischen Ländern verschlechtert sich schroff: die chronische Massenarbeitslosigkeit in ihren Reihen nimmt zu; ihre Einkünfte verringern sich infolge der zunehmenden Verteuerung der Lebenshaltungskosten, des Anwachsens der Steuern und der Inflation.
    […] Die Verschlechterung der materiellen Lage grosser Bevölkerungsteile in den kapitalistischen Ländern führt dazu, dass die Empörung der Volksmassen wächst und der Kampf gegen das Monopolkapital sich verstärkt.

    […]Die zweite Etappe der allgemeinen Krise des Kapitalismus steht im Zeichen einer weiteren schroffen Verschlechterung der materiellen Lage der breiten Massen der Werktätigen. Das äussert sich im Absinken des Reallohns der Arbeiterklasse, in der Vergrösserung der ständigen Arbeitslosenarmeen, in der umfassenden Anwendung von Antreibersystemen der Arbeitsorganisation, in der Inflation und der wachsenden Teuerung, in der Erhöhung der Steuerlast, der Verelendung und Ruinierung der breiten Massen der Bauernschaft und der Verstärkung der kolonialen Ausbeutung.«
    Wie zu sehen ist wird die relative Verelendung der Arbeiterklasse hier überhaupt nicht angesprochen. [⤒]

  4. Es handelt sich hier um eine Anspielung auf die Texte »Dialogato con Stalin« (»Zwiegespräch mit Stalin«) 1952 sowie »Dialogato coi morti« (»Zwiegespräch mit den Toten«) 1956 in der gleichen Zeitschrift wie vorliegender Artikel veröffentlicht wurden.[⤒]

  5. Rückübersetzung aus dem Italienischen – der deutsche Originaltext, auf den sich hier bezogen wird, stand leider nicht zur Verfügung.[⤒]

  6. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 411[⤒]

  7. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 411[⤒]

  8. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 412[⤒]

  9. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 412[⤒]

  10. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 416[⤒]

  11. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 416[⤒]

  12. Karl Marx, »Lohnarbeit und Kapital«, MEW, Bd. 6, S. 416[⤒]


Source: «Il Programma Comunista», Januar – Februar 1961 – № 1, 2.
Übersetzung und Redaktion: sinistra.net, 11.2023

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